Gestern wär ein Arbeitstag
Einer von den endlos vielen
Die man Alltag nennen mag
Die wir einzeln kaum noch fühlen
Wär gewesen. – Über Nacht
hat einer, der es anders will
Unsere Welt zum Halt gebracht
Und sein Name war: Kyrill
Unsere beiläufige Maschine
Leben-Werken-Spaß-Termine
die nicht ist ohne Bewegung
stand vor ihm still und ohne Regung.
So tat er, was niemand schafft
Nicht Frau, Mann, Papst oder Gewerkschaft
Was auch sonst kein Menschlein kann:
Denn Kyrill war ein Orkan.
Es warnt der Wettervorbeschauer
dass alle wussten: er wird kommen.
Und sicher ists nur hinter Mauern.
Die draußen werden mitgenommen.
Ob Amt, ob Schule, Zoo, Bordell,
sie schlossen alle ihre Pforten
wer noch zu tun hatte, tats schnell
dann wartete man allerorten.
Er kam – vom Wasser, wie verkündet –
Sodass ein Teil von Sylt verschwindet
er kam und blieb und blies mit Kräften
zerschlägt die Fenster von Geschäften
zieht übers Land und durch die Städte
kippt Autos, tötet und bringt Nöte.
Kein Flugzeug startet heute mehr
Die Lufthoheit, die hat nur er.
An Obdachlosenheim und Villa:
Er faucht, brüllt, stürmt um jeden Winkel
Durch Lumpen und gleich durch Chinchilla
Kyrill bläst ohne Standesdünkel.
Am neuen Hauptbahnhof Berlin
verbläst er Stahlträger vom Dache
kann sein, dass hier der Architekt
sich heimlich denkt: Ne feine Sache!
Denn er war unzufrieden mit dem Bau
Doch es ist wirklich nicht sehr schlau
Dass er glaubt, hätt er’s schön gefunden
würd Kyrill seinen Bau umrunden.
Denn Sturmwind herrscht, und jeder Nacken
Muss sich nun beugen oder knacken
Kyrill stürmt über alle Flächen
Es geht ihm nur ums Biegen, Brechen.
Und jeder Mensch, der kann nur warten
Egal, ob er das gerade will
Und musst du jetzt zum Meeting starten
Dann geh doch raus! Erklärs Kyrill!
Einer wollt voll Haß zum Wagen
Und los, den Lover seiner Frau erschlagen
Kyrill bläst ihn ins Haus zurück, und scheu
glaubt er nun lieber: sie ist treu.
Alte würdige Senioren
Kinder, kürzlich erst geboren
Mutter, müd, vom Kinderhort
Kyrill bläst sie alle fort.
Der Tag verging. Und vor den Türen
Wird aufgeräumt. Dass’ weiter geht
Lasst uns schnell die Moral notieren
Bevor auch sie vom Wind verweht
Als erstes, das müsst Ihr verzeihen
Ein Stammtischwitz für feuchte Knaben
albern, aus Überschwang und Freuen
Dass wir es überstanden haben:
Zur Pause kann uns nur verführen
Vom Hasten, Hetzen, Konsumieren
Wer uns vom Leistungsdruck erlöst
Und uns so richtig einen bläst.
Punkt zwei, und der bleibt festzuhalten:
Dem Sturm, dem heißen wie dem kalten
Dem geht das Menschenallerlei
Komplett am windigen Arsch vorbei.
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