TEUTONIKA – Leben in Deutschland

Eigentlich unfreiwillig

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Liane war eine von den Mitfahrerinnen, die immer hinsahen, wenn etwas geschah, was sich zu einem größeren Unglück hätte entwickeln können.
   Auch diesmal sah sie immer noch hin.
   Sie sah jetzt, was sich zugetragen hatte, und versuchte dabei, sich gleichzeitig selbst zu beobachten.
   Liane liebte sich.
   Einer ihrer neuen Freunde, er hieß Matthew und war so alt wie Liane, hatte sie, wie viele vor ihm, überredet, mit ihm zusammen zu sein und hatte dabei sein Auto mit ins Spiel gebracht.
   Er wollte mit ihr spazieren fahren, liebte, wie er sagte, das Grün, die Geschwindigkeit und das Fahren ohne Nerven.
   Liane beobachtete sich also selbst.
   Sie wußte immer noch nicht so recht, weshalb sie an diesem Bild, das sich ihr bot, quasi Gefallen finden konnte. Denn auch sie hatte mehrere Blutergüsse und spürte sogar, daß sie am Kopf, an ihrer schönen Stirn, leicht bluten mußte.
   Der junge Matthew war zwischen Armaturenbrett sowie Lenkradsäule und Tür, oder was es auch war, eingeklemmt; sein Kopf befand sich außerhalb der Windschutzscheibe.
   Liane saß rechts.
   Rechts war die vordere Tür auf, aber sonst nicht viel passiert. Links hatte Matthew gesessen
   Liane kauerte immer noch, eigentlich nicht unbequem, da und betrachtete Matthew. Sein Blut, überall verspritzt und verflossen, war rot wie ihr Blut auf der Stirn. Sie hatte jetzt etwas mit der Hand abgewischt und schaute es sich an, dann wieder Matthew, und dann schüttelte sie leicht, doch selbsteindringlich, beinahe lächelnd, könnte man sagen, den Kopf.
   Als etwas später Polizei und Krankenwagen eintrafen, schüttelte sie nicht mehr den Kopf.
   Sie sprach nun ruhig mit warm klingender Stimme mit einem der Rotkreuzleute, doch der konnte sich in seiner mechanisierten Unflexibilität nicht auf Liane einstellen.

Gelesen von Sandra Hüller linkhausklein.png

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