TEUTONIKA – Leben in Deutschland

Offener Brief an Franz Josef Wagner

Liebes Katerchen, ich habe heute einen Brief geschrieben. Vielleicht möchtest du ihn lesen?

Zicke ThereseAn Franz Josef Wagner: fjwagner@bild.de

Guten Tag Herr Franz Josef Wagner,

Sie verfügen über eine Lebenserfahrung, die Sie – nach eigenen Angaben – gelehrt haben will wie Frauen denken, nach dem Motto: “Wenn sie ja sagen, meinen sie nein. Und wenn sie nein sagen, meinen sie ja.” Ebenfalls sagen Sie, das Verbrechen der “5, 10 Sekunden” nach einem Kuss würden “Tausende und Abertausende junge Menschen [jede Nacht] begehen”.

Nun möchte ich Ihnen gern etwas mitteilen, sozusagen von Frau zu “Frauenversteher”.

Wenn ein Mann auf mir liegt, ich davon aufwache, einen „starken Schmerz von innen“ zu spüren, ihn daraufhin schlage, beschimpfe und versuche von mir zu stoßen, dann dürfen Sie und dieser Mann als gegeben hinnehmen, dass ich in diesem Ausnahmefall tatsächlich meine, wie ich es sage: Nämlich Nein! Nein zur Vergewaltigung, Nein zu einem Penis in meiner Vagina, Nein zu dieser gearteten Zärtlichkeit und Nein zu Menschen wie Ihnen, die scheinbar Frauen als Betthupferl ansehen und ihnen jeglichen Anspruch auf Selbstbestimmung absprechen wollen.

Wenn ein junger Mann von 17 Jahren tatsächlich getan hat, was man ihm vorwirft, nämlich die Vergewaltigung eines 13-jährigen Mädchens, dann ist das keine romantische Bagatelle – wie Sie der türkischen Justiz weis machen wollen -, sondern eine Straftat, die genauso geahndet und bestraft gehört wie jedes andere strafbare Delikt.

Ein 17-jähriger junger Mann, den Sie “ein kleiner Junge” nennen, ist nur einen Lenz vom Erwachsenalter entfernt. Er darf ein Auto fahren und wird vollwertiges Mitglied unserer Gesellschaft sein. Ein junger Mann, der laut Ihrer Einschätzung “auf den Baumwipfeln fliegen” wollte und lediglich ein “Teenager-Verbrechen” begangen hat, ist im Falle eines Schuldspruchs ein Vergewaltiger per Definition und kein Opfer der türkischen Justiz – wie Sie daraufhin wohl attestieren würden.

Was Sie glauben, Herr Franz Josef Wagner ist absolut unerheblich für eine Gerichtsverhandlung. Und nur weil ein junger Mann mit Bübchengesicht auf der Anklagebank sitzt wäre er deswegen nicht milder zu verurteilen, als ein 30-jähriger Verbrecher mit übelster Boxer-Visage.

Überlassen Sie Urteile den Gerichten und um Himmels Willen schicken Sie bloß keine “GSG-9-Soldaten” dorthin. Stellen Sie sich einmal diesen peinlichen Aufmarsch vor! Seien Sie auch nicht erstaunt, wenn Ihnen kein Mitarbeiter der GSG 9 folgen wird, denn die Entscheidung über den Einsatz der GSG 9 trifft das Bundesministerium des Innern und nicht etwa ein Briefeschreiber wie Sie oder ich.

Schreiben wir uns einmal Klartext:

Haben Sie Kinder? Nehmen wir es einfach mal an in Ermangelung eines besseren Wissens.

Lassen wir Ihr 13 jähriges Mädchen einmal schluchzend nach Hause gelaufen kommen, ihre Kleider geradeso zusammen gerafft. Sie fragen das Kind, was denn passiert sei und sie erzählt Ihnen mit klammem Herzen, da wäre ein starker Schmerz in ihr und sie hätte diesen Jungen versucht weg zu schieben, aber sein Penis wäre in ihr gewesen und hätte ihr fürchterlich weh getan.

Wären Sie in so einem Fall aufgebracht?

Und nun lassen wir noch einen Reporter mitspielen. Er schreibt in einer Regenbogenpresse:”Wenn sie ja sagen, meinen sie nein. Und wenn sie nein sagen, meinen sie ja. […] Mädchen [sind] wie Schaumkronen auf dem Meer. Sie sind wie der Wind auf dem Baumwipfel. Ich glaube nicht, dass Marco das englische Mädchen vergewaltigen wollte. Ich glaube, er wollte auf den Baumwipfeln fliegen.”Was hielten Sie davon? Hätten Sie nicht das dringende Bedürfnis diesem Jungen und ebenso diesem Reporter seine muntere Visage faustwärts einzudrücken?

In meinen Augen sind Sie der Inbegriff eines chauvinistischen, selbstverliebten und egozentrischen Mannes, der keine Ahnung hat was Frauen wollen, geschweige denn wie sie denken.

In Ihrer Gegenwart fühlt sich vermutlich jede Frau unwohl und darf getrost darauf verzichten bei Ihnen jedwede Etikette zu suchen. Knigge dürfte für Sie ein unverständliches Fremdwort sein, ebenso wie Diplomatie, Empathie und Philanthropie.

Ich möchte Ihnen ganz dringend raten Ihre Briefe zukünftig an Dinge zu richten, denn deren Gefühle können Sie nicht verletzen.Für alles andere sollten Sie sich ein weniger öffentliches Medium suchen – Toilettentüren eignen sich hierfür übrigens hervorragend -, denn Ihre beiden Briefe an Marco, der im türkischen Gefängnis sitzt, sind anmaßend, frauenverachtend und von fürchterlicher Ignoranz geprägt.

In der Hoffnung, dass mein Rat für Sie hilfreich sein wird,verbleibe ich mit einfachem Gruß

Therese

Ps: Nachdem es ein offener Brief ist, können Sie ihn ungekürzt bei Teutonika.de nachlesen.

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