TEUTONIKA – Leben in Deutschland

Frühes Telefon

Diese Anrufe morgens. Das sind doch keine normalen Anrufe. Kein normaler Mensch lässt nur dreimal klingeln.

Wenn man normal anruft: Wählen, dann kommt das erste Freizeichen. Bisschen freuen, gleich gibts ein Gespräch. Zweites Tuut, gleich Klack, dann „Hallo“. Drittes Tuut, völlig normal. Viertes Tuut, ja, Kaffeetasse muss noch abgestellt werden. Tuut. Ist vielleicht Pipi machen. Tuut, schläft vielleicht? Siebtes Tuut: Soll ich wecken? Ach, ja, Tuut, Hmmmmm…wohl vergessen, den Anrufbeantworter anzumach…, tuut, nee, klack. Und man legt auf.

Oder man will es ganz genau wissen und lässt durchklingeln. Dann kommt nach dem 20. Tuut automatisch das Besetztzeichen. Das weiß nicht jeder, das macht man nicht so oft.

Aber dreimal und dann: Klick! Das macht kein Mensch, der einen anderen wirklich erreichen will. Der Mensch will erreichen, dass ich nicht mehr einschlafen kann, weil ich mich frage: wer war das jetzt? Falsch verbunden oder ein Verzweiflungsschrei? Ruft sie an, weil es ihr schlecht geht? Vielleicht tut sie sich was an, wenn ich nicht zurückrufe.

Aber da fall ich nicht drauf rein! Dann ruf ich zurück, und am anderen Ende: „ach, DU bist das…“ Als hätte ich zuerst angerufen.

Ich erinnere mich, als ich das erste Mal verliebt war. Drei Wochen hab ich zuhause gesessen und auf ihren Anruf gewartet. Damals begannen die Zweifel: vielleicht ruft sie ja nicht an, weil sie weiß, dass ich drauf warte. Vielleicht will sie mich ja quälen. Bis mir nachher einfiel: Mensch, wir haben ja noch gar kein Telefon.

Solche Zeiten gab es. Ich bin mir fast noch sicher.

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