TEUTONIKA – Leben in Deutschland

Eine Anatomie des gewaltsamen Todes

59 Cent hat sie nur gekostet. Die wilde Fahrt im Todesrausch. Die ganze Nacht hat sie gedauert.

Wer sie vor dieser Nacht kennengelernt hatte, der würde mit vollster Überzeugung sagen:

“Die kann doch keiner Fliege was zu leide tun, Die iss doch so´ne Liebe.”

Doch eben nur bis zu dieser Nacht.

Zuerst war es nur ein zartes Ausprobieren. Doch als das erste Opfer erschlagen, mit gebrochenen Gliedern, vor ihr lag, da erfasste sie ein Blutrausch, der seines gleichen in jedem Horrorfilm der neueren Zeit suchte.

Mit leicht , aber stetig steigendem Puls und hörbarer Atmung streifte sie durchs Terrain. Vom Esstisch zum Schrank, ein kleiner Abstecher in die Küche und wieder zurück zum Bett. Und mit genauso langsam, aber stetig steigender Taktfrequenz klatschte der Tod auf die, tapfer dem unentrinnbarem Schicksal entgegen blickenden, Brachycera.

Ich erkannte mein kleines Kätzlein nicht wieder. Mit dem Blick und der Anspannung einer Löwin auf Beutefang tobte sie durchs Zimmer und drosch im wilden Wahn auf jede, sich bewegende Kreatur ein. Bewaffnet mit der, am selben Tag bei Edeka für besagte 59 Cent erworbenen Fliegenklatsche, mit rotem Stiel und gelber Klatschfläche.

Nachdem sie vier bis fünf mal Erfolg hatte steigerte sie ihr Tempo ins Maschinengewehrfeuerartige. Dabei konnte es hier und da passieren, das ein Glas, das gerade noch auf dem Tisch stand, auch einen gewaltsamen Tod starb, wobei das Geräusch des an der Wand zerschellenden Glases doch erheblich, die sonst fast lautlos stattfindende Meuchel-Partitur, mißtönend störte.

Trotz meiner tapferen Versuche ihr auszuweichen blieb es auch nicht aus, daß ich dem niedersausenden Gerät des Bösen nicht entkam. Das blaue Auge hätte mir jetzt auch erst mal nicht so besonders viel ausgemacht. Was man von dem Moment, als ich über den Stuhl stolperte und mit den Vorderzähnen auf die Tischkante schlug, nicht sagen konnte.

Den Zustand in dem sich mein Kätzlein zu diesem Zeitpunkt befand, könnte man vielleicht als höchst Pre-Koital bezeichnen. Und nachdem ich meine temporäre Besinnungslosigkeit wieder mit einem schwankendem Halb-Bewußtsein getauscht hatte , kam sie mit einem weit ausholenden, von einem spitzen Schrei begleitetem, finalen Schlag schließlich zum Höhepunkt, dem sie sich mit Wonne widmete. Sodann trat sie zu mir und sagte: ” So Schatz, nu´iss Ruhe. Ich hatte sie vorher gebeten zu gehen.”

Das Leben einer Stubenfliege kann schon relativ kurz sein.

11 Antworten zu „Eine Anatomie des gewaltsamen Todes“

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