TEUTONIKA – Leben in Deutschland

Der Nachbar is watching you

Der aus dem Dritten hat heute Nacht schon wieder Klavier gespielt. So gegen 2.48 Uhr fing er an und hörte bis knapp 4 uhr nicht mehr auf. Niemand holt die Polizei, das haben sie schon zu oft getan. Aber sie beobachten ihn. Wer morgens um kurz vor drei Klavier spielt, im Hinterhaus, der schubst bestimmt auch alte Omis vom Klo. So wie der Typ aus dem Erdgeschoss, aus dessen Wohnung es riecht, als würden ganz viele tote Tiere, gleich hinter der Haustür liegen. Mich beobachten sie auch. Ich seh sie immer hinter den Vorhängen, ihre Gesichter halb verdeckt, wenn ich bei Morgengrauen meinen Mülltonneninspektionsgang mache. Ich ruf dann immer: “Ich hab nichts zu verbergen, ihr könnt ruhig gucken”, aber dann sind sie wieder ganz hinter den Vorhängen verschwunden und tun so, als wären sie gar nicht da.

Wir wollen uns heute ganz bewußt sein, das sie uns beobachten. Das sie vielleicht mehr wissen als wir uns vorstellen können. Das sie ihre ganz eigenen Schlüsse daraus ziehen und sich wahrscheinlich eine Meinung über uns bilden. Ganz so wie man es ihnen befohlen hat. “Ich habe nichts zu verbergen!”, rufe ich nochmal über den Hof. “Ihr könnt ruhig gucken…”

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