TEUTONIKA – Leben in Deutschland

Im Garten.

Ein Sommertag. Im Garten hinter dem kleinen Haus blüht das wilde Kraut.

Auf der hölzernen Terrasse sitzt die Großmutter in ihrem Schaukelstuhl und träumt vor sich hin. Sie ist trotz der Wärme mit einer Decke zugedeckt.

Im Garten spielt die Enkelin. Sie hat sich ein Loch in den sandigen Boden gegraben und wirft ein paar Ameisen und eine große Spinne in das Loch. Dann beobachtet sie.

Am anderen Ende des Gartens: Eine Taube fliegt vom obersten Ast des Kirschbaums, flattert und stürzt plötzlich leblos zu Boden – zu Füßen des Sensenmannes. Der Sensenmann steht unbemerkt von allen am verwucherten Ende des Wildgartens. Die übergroße Kapuze der Kutte über dem Schädel lässt das Gesicht nur erahnen. Seine knochige Hand umklammert den Schaft seiner großen Sense.

Der Sensenmann macht sich auf den Weg zur Großmutter. Die Büsche rascheln im Vorbeigehen.

Die Enkelin sieht die Bewegung hinter einem Busch, springt und greift zu.

Sie hat den Sensenmann in der Hand: Er ist auch für sie nur knapp eine Handbreit groß. Die Enkelin schneidet sich an seiner scharfen Sense. Sie nimmt den Sensenmann in die andere Hand, saugt an der Wunde, trägt ihn zur Grube mit den Insekten und wirft ihn wütend hinein.

Aus der Grube: Ein Schreckensschrei, Geräusche, dann mehrfach eine herabsausende Sense. Stille. Leises, angestrengtes Stöhnen. Die Sense wird über den Rand der Grube geworfen. Sie ist feucht und rot. Kleine Arme schieben sich mühsam über den Rand der Grube.

Die Enkelin stupst den Sensenmann wieder nach unten. Ein unterdrückter Schrei, ein Aufprall.

Das Mädchen zündet eine Kerze an und lässt das heiße Wachs in die Grube tropfen. Schreie aus der Grube. Die Enkelin gießt Wasser aus einem Kindereimer in die Grube. Dann schüttet sie die Grube mit Erde zu.

Wenig später.

Das Mädchen klopft den frischen Erdhügel auf der Grube fest, drapiert ein paar Blumen auf dem Hügelkamm und piekt schlußendlich die Sense in den Gipfel.

Dann nimmt sie die Hälfte der Blumen wieder vom Hügel weg und läuft zur Großmutter.

ENKELIN
Oma, Oma!

Die Großmutter erwacht aus ihren unruhigen Träumen, blinzelt in das Licht und lächelt. Die Enkelin wirft ihr die Blumen ungestüm an die Brust.

Die Sense blitzt auf dem Hügel in der Sonne. Gelächter des Mädchens und der Großmutter.

Der Kirschbaum ist schwer von all den unzähligen Tauben, die auf ihm sitzen. Der Boden unter ihm ist weißgeschissen.

– Ende –

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