Frauen ohne Frauentrost.

Wenn Du nicht weißt und bangst, wie es um Deine Zukunft steht,
dann schafft es etwas Ruh, wenns anderen noch schlechter geht.

Unter Menschen wird es derzeit gerade böser Usus, andere als Untermenschen zu deklarieren. Jawohl, sagt der Aushilfsober, die da hinten, die sind unten. Tja. Der alte Affe Angst holt nicht immer das Beste aus den Leuten heraus. Was er denn zutage fördert, ist die wachsende Bereitschaft, aus strategischen Gründen Sozialkontakte einzugehen. Ehe ich zugrunde gehe, gehe ich dann in die Ehe. In den 50ern gab es für Mutti Frauentrost, da konnte man sich den Ehemann mit 60% Umdrehungen erträglich saufen.

Heutzutage ist alles viel moderner. Es ist schon immer noch Mutti, die sich den Versorgervati angelt. Aber Frauentrost brauchen wir nicht mehr. Wir filmen den Deal lieber als Fernsehformat ab. Dann ist es nicht 50er, sondern ein Megaevent. Poppstars, wo Du hinschaust. Das Format rund um einen millionenschweren Schweinepriester, um den sich 20 willige Weibchen kabbeln, gab es ja schon. Wie hieß das noch? Ich war eine Dose?

Mit Schweinebauern geht das jetzt auch. Und zwar auf RTL. Da heißt es Bauer sucht Frau. Da geht es um einsame Landwirte, die zwischen Kraftfutter und Düngemittel von menschlichem Miteinander träumen. Die Auswahl auf der Alm ist aber niederschmetternd klein: Heidi ist zum Bahnhof Zoo verzogen. Und die Liesel ist zwar eine ganz liebe, hat aber vier Beine – was spätestens im Brautkleid blöd aussähe.

Wenn die Frau denn also nicht zum Bauern kommt, dann geht der Bauer eben zu RTL. Und da zeigt er, was er kann. Also hat. Nämlich einen Bauernhof. Da schaut die Frau, schluckt einmal (den Rest von Omis Frauentrost) und findet den Bauern auf einmal recht schmuck (wahlweise auch scheck). Da sieht sie den Bauern auf einmal mit ganz anderen Augen. Der Mensch wächst an seinen Ausgaben.

Jeder Bauer darf sich nun aus den Bewerberinnen eine Frau aussuchen, die die Probebäurin geben soll. Wenn er gar zu unentschlossen ist, darf es natürlich auch mal etwas mehr sein: Der Anton hat sich mal eben zwei Frauen gleichzeitig eingeladen. Die beiden machen das mit, zeigen also, dass ihnen keine Erniedrigung zu groß ist. Prima, sagt RTL, auf Euch haben wir doch gewartet. Und es unterlegt ihre Ankunft auf Antons Hof mit Kommentaren wie: nur ein Gästezimmer hat eine Verbindungstür zu Antons Schlafgemach. Und das wollen natürlich beide Frauen.
Natürlich. Ich bin hier ja nicht zur Kur, sagt die Hur.

Derweil – das Format dokumentiert mehrere Bauernpaarungsversuche gleichzeitig – trennt sich Bauer Torsten von seiner Praktikantinnenfrau. Sie hat ihm verschwiegen, dass sie einen Augenfehler hat. Und nur dem geschenkten Gaul schaut Torsten nicht ins Maul. Aber eine Frau – man weiß ja, wie teuer das werden kann. Torsten ist enttäuscht. Fehlerhafte Ware hatte er aber nicht bestellt. Da bei dieser Aussage selbst das heimische Vieh mißmutig mit den Augen rollt, kleidet Torsten seine Reklamation in emotionale Korrektheitshülsen: “Mein Vertrauen ist dahin.” Muss man dazu sagen, dass Torsten der Schweinebauer ist?

Ich will ehrlich seine. Als der saure Geschmack im Mund nachließ, war die Sendung gar nicht so schlimm. Und hoppala – es ist auch viel Spaß dabei. Als einer der Bauern seine Gästin vor den gemieteten Kopf stieß, da wollte er sich entschuldigen. Und siehe da: auch wenn er sonst nicht soviel Kontakt zu anderen Menschen hat – an einen Teil der passenden Worte konnte er sich doch tatsächlich noch erinnern:

ER
Ich wollte mich entschuldigen, dass ich Dich gestern im Badeanzug “Frau von Obelix” genannt habe. Und das heute auf dem Feld – das mit der “Billigen Arbeitskraft” – das habe ich auch nicht so gemeint. Dafür möchte ich mich entschuldigen. Und da habe ich mir gedacht, dass ich mit Dir heute Abend was unternehmen möchte. Wenn Du auch Lust hast. Ich hab mir da was überlegt. Du musst nicht sofort antworten. Es kommt ja jetzt auch sehr spontan. Willst Du wissen, was ich gerne mit Dir machen möchte?
SIE
Sag schon.
ER
Ich würde gerne ein Gesellschaftsspiel mit Dir spielen. Welches, ist mir egal.

So ein Spaß! Und ja, dieser Dialog hat tatsächlich so stattgefunden. Au weia. Der saure Geschmack ist wieder da.

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