Unter Teutonen

Derboyes.jpg englische Journalist Roger Boyes widmet sein neues Buch dem Land und und seinen Bewohnern, aus dem er seit 1999 für die englische Tageszeitung „Times“ berichtet. „My dear Krauts“ beginnt flott und sehr unterhaltsam, gespickt voll herrlich rabenschwarzem englischen Humor. Seien es Situationen aus dem Alltag, sei es wie er die englische Fixierung auf zwölf Jahre deutscher Geschichte mit einem Augenzwinkern auf die Schippe nimmt. Die Reportagefahrt mit all ihren Pannen zum angeblichen Butler von Hitler, um die Gier nach neuen Nazigeschichten zu befriedigen, ist ein kleiner Höhepunkt in dem Büchlein, das leider nach etwa einem Drittel rasant an Spannkraft verliert. Der rote Faden des Büchleins ist der drohende Zuzug seines Vaters, der in finanzielle Schwierigkeiten geraten ist. Und dies in einer Zeit in der der Autor aus steuerrechtlichen Gründen auf der Suche nach einer Frau ist.
Das Speed-Dating mit seinen schrullig-skurrilen Zufallsbegegnungen zeichnet leider schon den Grund für den starken Qualitätsabfall. Man wird den Verdacht nicht los, dass der Autor mit dem weiteren Drittel des Buches und seinen Problemen, welchen Weg er nun mit seinen zwei sich anbahnenden Partnerschaften nehmen soll, ein Stück weit Eigentherapie betrieben hat. Vielleicht geht es Euch Lesern anders, aber es war schon eine ziemlich Quälerei bis im letzten Drittel mit der Hochzeit seines Vaters ein versöhnliches Ende gefunden wird.

Hier nimmt das Buch noch einmal deutlich Fahrt auf und die Pointendichte zu. Zudem kommt es im Verhältnissen der Protagonisten und Nebendarstellern zu überraschenden Wendungen, die so im ersten Moment nicht absehbar waren. Gesamtfazit: Ein Büchlein, das man sich gerne mal zwischendurch reinziehen kann, vor allem, wenn man das deutsch-englische Verhältnis aus aus einer vergnüglichen Warte betrachten möchte.

Bernhard Meyer

Meyer & Meyer

Meyer & Meyer

Bernhard Meyer 34 Jahre Buchhändler Zur Zeit Wanderer in verschiedenen Lebenswelten, schreibe ich in meiner Freizeit Rezensionen und Lyrik. Letzteres wird vielleicht nun öfter mal hier zu lesen sein. Neben dem beruflichen Leben steht auch vielfältiges Engagement im gesellschaftlichen und politischen Bereich. Aktueller Lieblingsdichter: August Stramm

Schreibe einen Kommentar