Der Zusammenhang war mir noch nicht ganz klar.
Deshalb griff ich nach einem weißen Blatt Papier,
und knüllte es in meiner Hand zu einer Knüll-Kugel.
“Was habe ich getan?” – frage ich Kaminskie.
“Habe ich dem Papier Zeit zugefügt?
Oder Energie ?
Kaminski sagt: “Beides. Du hast eine gewisse Arbeit
in das Papier investiert. Kraft mal Weg.”
“Ich habe es geformt.”
“Ja, du hast es geknüllt.”
“Geformt, darauf bestehe ich.”
“Na gut, geformt”
“Interessant daran ist aber, – sage ich zu Kaminski –
“das diese Knüllpapierkugel jetzt belastbarer ist
als ein Stück Papier, wenn es ungeknüllt bliebe.
Ich kann mit dem Knüllball jetzt Fussball spielen,
Es verändert ihn nicht großartig.
Er ist sogar elastisch jetzt, flexibel, stabil.
(Ich werfe ihm die Kugel zu.)
“Worauf willst Du hinaus.” – fragt er .
“Ich frage mich” – sage ich zu Kaminski -“ob es einen ganz
direkten Zusammenhang gibt zwischen Form und Zeit –
oder vielmehr: Information – und Zeit. Ich frage mich,
ob in dieser Papierkugel Zeit gespeichert ist.
Und ich frage mich, ob ich die Zeit, die in der Papierkugel steckt,
wiederhaben kann.”
Kaminskie antwortet: “Also es ist so, du hast genau genommen
Energie als Arbeit in die Form der Kugel investiert. Du hast eine
Kraft mal Weg – Funktion investiert, um die Fläche des Papiers
auf eine Kugel zusammen zu knautschen.”
“Aber das Knüllen des Papiers hat auch Zeit in Anspruch genommen.
Warum steckt in der Formel für Arbeit: Kraft mal Weg – keine Zeit?”
“Ich kann dich beruhigen” – sagt Kaminski – “wenn man den
Vorgang als Energieumsetzung betrachtet,
hast du die Zeit wieder drin.”
1 Joule = 1Newtonmeter = 1 Wattsekunde.
“Verstehe, in “1 Joule” steckt also immer auch die Zeit
als Watt-Sekunde.”
“Ja, das Knüllen der Kugel hat eine gewisse Zeit in Anspruch genommen.
Aber diese Zeiteinheit ist ein variabler Faktor.
Denn du hättest das Blatt Papier ja schnell oder langsam falten können.
Auf die Form der Kugel hat das keinen Einfluss.”
“Moment, Kaminski, dass heißt aber dann, wenn ich die Kugel
ganz langsam und gemächlich gefaltet hätte, wäre genau so viel
Energie sprich Wärme umgesetzt worden, als wenn ich
sie blitzschnell zusammengeknautscht hätte?”
“Ja, prinzipiell, wenn du sie in beiden Fällen exakt gleich formst,
wenn man sie also als absolut form-identische Fälle von
Zusammenknüllung betrachtet, bleibt der Energieaufwand der selbe.”
“Was schätzt du?”
“Na ich schätze mal, du hast beim Knüllen ungefähr 50 Wattsekunden
umgesetzt oder 50 Joule oder etwa eine Arbeit von 50 Newtonmetern geleistet.”
“Gut Kaminski, aber du musst zugeben, dass ein Teil dieser Energie oder der
Zeitanteile jetzt irgendwie in dieser Form gespeichert ist.
Warum ist diese Knüllkugel um so vieles formstabiler als ein offenes Blatt Papier?
Habe ich dem Papier nicht, in dem ich es knüllte, eine Art Zeitvorrat gegeben?
Ein Zeitvorrat, der sich darin zeigt, dass diese Papierkugel nun
resistenter gegen weitere Veränderung durch Entropie ist.
Der Zusammenhang ist doch irgendwie offensichtlich….”
“Das musst du mir näher beschreiben, damit ich deine Frage besser verstehe.”
“Gut, also stell dir vor, dein Leben würde von ein paar Sekunden abhängen,
die den Unterschied ausmachen, ob ich eine fest geknüllte Papierkugel
in einen Ofen werfe oder ein loses Blatt Papier.
Welche Form würde schneller verbrennen?”
“Das Blatt Papier würde schneller verbrennen.
Bei der Knüll-Kugel würde es länger dauern.
Weil das offene Blatt Papier mehr Angriffsfläche
für die Hitze bereitstellt. Bei der Knüllkugel würde es
eindeutig länger dauern.“
“Richtig. Das heißt aber doch dann, dass mir die Form der geknüllten Kugel
jetzt sozusagen mehr Zeit schenkt. Sie schenkt mir möglicherweise ein
paar Joule wieder zurück, in Sekunden, aber jetzt nicht als Energie –
sondern als reine Zeit, die sie länger dem Feuer stand hält.
Und das, obwohl es ja nicht irgendwie „mehr“ Papier oder „mehr“ Materie ist.”
„Das stimmt“ – sagt Kaminskie – „aber nur immer im Verhältnis
zu diesem ungefalteten Papier.“
„Müsste man aber dann nicht“ – frage ich Kaminski –
„über einen Zeiterhaltungssatz“ nachdenken, der über
das Phänomen „Form“ vermittelt ist? Es stellt sich doch die Frage,
ob in diesem Sinne nicht vielleicht jede „Form“, also jede Materie
letztendlich nichts anderes ist – als thermodynamische ZEIT – FORM.
Ich habe nicht umsonst die Wärme des Ofens bemüht.
Anders ausgedrückt: Zeit und Form wären äquivalent.
Oder noch anders: Zeit = Form = Wärme = Materie= Gravitation.
Was ist mit diesen Sekunden, die es länger dauert,
bis eine geformte Knüllkugel verbrannt ist, im Gegensatz
zu einem losen Blatt Papier?
Oder noch anders: Materie wäre ein thermodynamisches
Fließgleichgewicht der Zeit.
Eine temporär stabilisierte Form der Zeit. Ein Wirbel in einem Fluss.
Eine Fluss-Faltung der Entropie.
Eine geknüllte Papierkugel wiegt zwar genau so viel, wie das lose Blatt,
aber dafür – „hat“ – sie mehr ZEIT. – im Feuer – in der Wärme.”
„Darüber muss ich nachdenken.“ – sagt Kaminskie.
(Siehe Kommentare.)
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