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KaDi – DAS INTERVIEW EXKLUSIV.

Althaus über Thüringer Wahlen

“Jeder Mensch ist ersetzbar”


AlthausHerr Althaus, nach Ihrem Skiunfall sind Sie vor drei Monaten wieder voll in den Job zurückgekehrt. Sind Sie wieder ganz der Alte?

Dieter Althaus: Die letzten Monate waren Rückenwind für mich persönlich, aber auch für meine Politik. Es macht mir große Freude, wieder im Amt zu sein.

Hätten Sie ohne den Wahlkampf eine längere Auszeit genommen?

Die Ärzte in den Kliniken haben nie einen Zweifel daran gelassen, dass ich wieder voll genese. Mein Wille war von Anfang an, so bald wie möglich wieder einzusteigen.

Sie hielten sich für unersetzbar?

Jeder Mensch ist ersetzbar. Vielleicht Helmut Kohl nicht, weil…. Aber im Ernst, ich führe die Thüringer CDU seit neun Jahren, und seit sechs Jahren bin ich Ministerpräsident. Die Partei hat mich nach dem Unfall mit 100 Prozent zum Spitzenkandidaten wiedergewählt. Da kann meine Antwort nur lauten: Ich stehe zu meiner Partei, und mit vollem Einsatz.

Sie haben nie gedacht: Es wäre besser gewesen, einen Nachfolger aufzubauen?

Ich bin kürzlich 51 Jahre alt geworden, da denkt man nicht an Nachfolge. Ich habe noch – aber mindestens – vierzig Jahre vor mir.

Politiker können sich keine menschliche Schwäche leisten?

Welche Schwäche? Meinen Sie, ich sollte nur 60 Jahre alt werden?

Viele sagen, Politik macht süchtig. Sind Sie abhängig?

Mit Sucht hat das nichts zu tun, sondern mit aufrichtigem Dienst am Land. Ich bin im Herbst 1989 politisch aktiv geworden. Seitdem helfe ich mir, so dass sich die Dinge für Thüringen gut entwickeln.

Wie wichtig ist Ihr Wahlergebnis für die Bundestagswahl vier Wochen später?

Wir werden Angela Merkel viel Rückenwind geben.

Obwohl Sie die absolute Mehrheit ziemlich sicher verlieren?

Wir werden eine erfolgreiche Wahl haben und eine großartige Mehrheit gewinnen, um Thüringen zu gestalten.

Das heißt, mit dem Verlust der absoluten Mehrheit haben Sie sich schon abgefunden?

Ich werde mich nicht damit abfinden, etwas zu verlieren. Ich will die Gestaltungsmehrheit gewinnen. Ich sagte es eben schon.

Sie wollten unbedingt einen getrennten Wahltermin vor der Bundestagswahl, um der SPD eine Debatte über die Linkspartei ans Bein zu binden.

Wir wollten, dass über landespolitische Fragen abgestimmt wird. Die Thüringer Themen stehen im Mittelpunkt. Das ist wichtig für das Land.

Trotzdem kümmern Sie sich im Wahlkampf vor allem um die Linkspartei. Durch den Aufstieg von FDP und Grünen wird die Lage komplizierter. Haben Sie sich verspekuliert?

An der Debatte über den Kurs der SPD ändert sich nichts. Die SPD muss sich entscheiden, ob sie sich zum Anhängsel der Linken machen will – oder ob sie wieder eine demokratische Partei der Mitte werden will.

Es gibt eine klare Aussage des Thüringer SPD-Spitzenkandidaten Christoph Matschie, dass er nicht als Juniorpartner mit der Linken koaliert. Damit ist das Thema doch gestorben?

Ich kann diese Argumentation nicht nachvollziehen. Entweder ist sich die SPD mit der Linken politisch einig, oder sie ist es nicht. Die Antwort auf diese Frage hängt doch nicht davon ab, ob die SPD den Ministerpräsidenten stellt.

Ist die Linke auch deshalb Ihr Lieblingsgegner, weil Sie Ihnen die obrigkeitshörige Klientel abspenstig macht – anders als etwa SPD und Grüne, die aus der DDR-Opposition hervorgegangen sind?

Die Linkspartei macht uns überhaupt nichts abspenstig, sie hat bei den vergangenen Landtagswahlen keine Stimmen hinzugewonnen. Die Prozentzahlen sind nur deshalb gestiegen, weil die Wahlbeteiligung zurückgegangen ist. So einfach ist das.

Die Junge Union greift den Linken-Kandidaten Bodo Ramelow an, weil er aus dem Westen zugewandert ist. Billigt der Ministerpräsident diese provinzielle Kampagne?

Wahlkampf lebt auch von Zuspitzung. Aber ein Linker aus den Alten Bundesländern, das ist doch eigentlich auch wirklich schlimm.

Belastet die jüngste Debatte über die Vergangenheit der CDU als Blockpartei Ihren Wahlkampf?

Die CDU Thüringen hat ihre Geschichte schon 1990 öffentlich und glasklar aufgearbeitet. Das ist bei uns gar kein Thema mehr – weder innerhalb noch außerhalb der Partei.

Sie selbst waren in der DDR zuletzt stellvertretender Schulleiter – und kritisieren gleichzeitig die frühere Systemtreue der Linkspartei.

Ich habe dazu manches gesagt, und die Thüringer haben das als offen und positiv empfunden. So sind meine Rückmeldungen.

Bei der Europawahl haben die Grünen in einigen Jenaer Stimmbezirken die CDU schon überrundet, auch in Weimar und Erfurt sind sie stark. Verliert die CDU den Anschluss an die städtischen Eliten?

Europawahlen sind Europawahlen. Da geht es nur um Europa.

Bei Ihnen in Thüringen könnte es nach den Umfragen auf ein Dreierbündnis hinauslaufen. Reizt es Sie, als erster Ministerpräsident ein Jamaike-Bündnis zu schmieden – als Vorbild für Berlin?

Koalitionsspekulationen sind nicht mein Thema. Ich werde Regierungschef werden. Wir alle kämpfen für mich.

Wenn es im Bund neue Mehrheiten gibt, sind für die Union zusätzliche Ministerämter zu verteilen. Wäre das eine Perspektive für Sie?

Mein Platz ist in Thüringen. Das habe ich auch schon vor meinem Unfall gesagt, als ich im Kompetenzteam von Angela Merkel war.

Hat Ihr Verhältnis zur Kanzlerin gelitten?

Wir haben nach wie vor ein sehr gutes, persönliches Verhältnis. Ich glaube sogar, es ist noch besser als früher. Ich unterstütze sie bei ihrer Aufgabe als Kanzlerin und Bundesvorsitzende, und sie unterstützt mich als Ministerpräsident und Landesvorsitzender – auch mit vier attraktiven Auftritten im Wahlkampf.

Weitaus öfter wird im Wahlkampf Ihr Vorgänger Bernhard Vogel auftreten. Ist er immer noch der Landesvater?

Bernhard Vogel ist Thüringer. Er wohnt in Erfurt und ist und bleibt hier Ehrenvorsitzender der CDU. Warum auch nicht.

Sie haben nicht das Bedürfnis, sich zu emanzipieren?

Wir alle wurden 1989 befreit. Für mich heißt jetzt jeder Tag nur Verantwortung, absolute Verantwortung.

Frei nach einem Interview von Michael Bartsch und Ralph Bollman in der taz vom 6. August 2009

Interview mit Peter Struck –>

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