TEUTONIKA – Leben in Deutschland

SIE BLIEB IM SONNENLICHT.

SIE BLIEB IM SONNENLICHT, in der Lücke zwischen den beiden Baustellen, wo mehrere Arbeiter auf einem Gerüst Rohre und dicke Bretter abseilten.
  Sie lehnte sich an die Wand der Parfümerie und winkelte ein Bein nach oben, zog sich hinterher den linken Hackenschuh aus.

Schräg über ihr, einer der Arbeiter, sah auf Maria, wie sie sich die Zehen ihres Fußes knetete und an ihrem angewinkelten Bein, der enge Rock, den Oberschenkel weit heraufgerutscht war.
  Sie schaute zu dem Mann. Als er lächelte, senkte sie wieder Kopf und Bein, schlüpfte zurück in den Schuh.

Sie schließt die Augen und lehnt sich enger an die Wand, neigt den Kopf noch mehr in den Nacken, hat ihr Gesicht zur Sonne gestellt.
  Sie liebt die Blicke der anderen, spürt, wie sie ohne Grenzen in ihr aufgehen, weiß, dass der Arbeiter sich noch nicht rührte. Würde sie ihre Augen nur etwas öffnen, sie könnte genau in die seinen sehen.

Die Tür der Parfümerie muß kurz geöffnet worden sein. Sie atmet tief ein. Sie fühlt sich frei, als spüre sie die vielen Düfte auf der erwärmten Stirn.

Bleib so, bleib Sekunden nur so, denkt Charlie, hat Maria im Bild seiner Kamera. Ihre Hände, sanft ineinander gelegt haben sie sich, ruhen auf ihrem Rock. Um ihren Mund, das Lächeln im Sonnenlicht, ist kaum wahrzunehmen. Bleib so, obwohl es nicht zum Film passt, denkt Charlie, aber bleibe so.

Maria öffnet die Augen. Ein PKW bremst laut quietschend, beinahe hätte er Charlie angefahren.

Er filmt, wie sie losrennt, entsetzt durch die vielen Passanten stürzt, hört, wie einer der Gerüstbauer Maria hinterher pfeift, und ein Fußgänger ihm empört „Was soll denn das!“ nachschreit, als Charlie ihn anrempelte, auf seinem Weg Maria hinterher.

Sie rennt, sie stolpert, legt immer wieder auch kurze Pausen ein, in denen sie nur hastige Schritte macht, sich ängstlich umschaut, nach Luft ringt, und dann doch immer wieder zu Laufen beginnt.
  Sie stolpert auf die Fahrbahn. Panisch winkt sie nach einer Taxe.

Er kann noch filmen, wie sie in das Auto steigt.
  Als der Chauffeur anfährt, schaut er flüchtig in die Kamera, als würde er Charlie kennen; oder hatte Maria irgendetwas über ihn erzählt.

Dichter Straßenlärm, Hitze.
  Charlie sieht Autos und nochmals Autos; überall Menschen. Wissen sie was? Mehr als er?
  Er spürt das Gewicht der kleinen Kamera wie nie.

(Auszug aus „“Augen auf Penelope”)

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