„Bin ich ein verrückter Hund? Sieh Dich mal um, Ken, sieh sie dir an, diese aus den Fugen geratene Welt. Da gibt es Leute, deren Job es ist, Tankstellenshopangestellte auf Drogen zu untersuchen. Da gibt es Leute, deren Job es ist, darauf zu achten, daß andere Leute keine Waffen zur Arbeit mitbringen. Da gibt es Leute in den Bürohäusern, die in diesem Augenblick herauszufinden versuchen, ob sie Geld einsparen können, wenn sie siebenhundert Leute an die Luft setzen. Eben jetzt verspricht jemand jemanden Reichtum, wenn er ein Videoband kauft, das ihm verklickert, wie er sein Leben verbessern kann. Die Wirtschaft besteht aus Schmerz, Lüge, Furcht und Dummheit, und ich schneide mir aus all dem eine Scheibe heraus.“
Bereits 2005 geschrieben, ist „Betriebsbedingt gekündigt“ aktueller denn je, rabenschwarzer Humor gepaart mit einer Situationsbeschreibung, die zeigt, dass es in US-Amerika schon seit langem gärt. Es ist das zweite Buch von Iain Levison, einem Schotten, der in den USA aufgewachsen ist und stolze 41 Jobwechsel vorweisen kann. Er kennt sich also aus mit Heuern und Feuern und es ist ein bittersüßes Bild, dass er in „Betriebsbedingt gekündigt“ zeichnet. Das Buch ist schon allein deshalb interessant, weil dieses Bild eine Realität der USA wiedergibt, die in unserer Medien weitestgehend verschwiegen wurde bzw. nach wie vor noch wird. Es ist ein Bild eines deindustrialisierten Landes voller Mc-Jobs, Slums, Drogen, kulminiert in der Hoffnungslosigkeit einer sterbenden Industriestadt in Wisconsin.
Es sind nicht die glitzernden Metropolen der Ostküste, es ist nicht die schillernde Welt von Kalifornien, die dieses Land prägen, es ist eher das eines Landes mit einer Infrastruktur eines Drittweltlandes einer Pump- und Wegwerfgesellschaft ohne industriellen Kern. Es ist auch nicht die Dienstleistungsgesellschaft, die Substanz für die Zukunft verspricht, die Werte schafft. Iain Levison scheint ein feiner Beobachter zu sein, der Schlüsse zieht, wo andere verdrängen wollten. Das Buch ist geradezu eine Allegorie auf das, was derzeit auf den Weltmärkten geschieht. Ein anderes Buch fällt mir in diesem Zusammenhang ein, ganz andere Thematik: Roberto Savianos “Gomorra”. Schlüsselbegriffe sind in beiden Büchern Kapitalismus und Verbrechen. Levisons „Betriebsbedingt gekündigt“ ist ein Roman, ist Fiktion, aber ein Ausschnitt in einer Welt des Verbrechens, die in professioneller Form betrieben mafiös ist, immer jedoch die betriebswirtschaftlich gesehen die beste Kosten-Nutzen-Rechnung ist.
Bernhard Meyer
Schreibe einen Kommentar