TEUTONIKA – Leben in Deutschland

Caligula – Wenn die Geschichte richtet

Das Urteil der Geschichte ist hart. Das Urteil der Geschichtsschreiber kann Jahrhunderte, ja Jahrtausende überstehen. Und es ist nur noch schwer zu revidieren, allein die akribische Arbeit eines Historikers kann dies noch bewirken. Und genau dies ist Aloys Winterling mit der vorliegenden Biographie „Caligula“ gelungen. Immerhin Caligula war schon immer einer der Kaiser, der aus dieser Riege herausstach, dessen Name schauerliche Bekanntheit erreichte und dem sogar ganze Filme gewidmet wurden. Und jedem Schulkind sind noch die Verrücktheiten bekannt, wie beispielsweise der Armeeausflug, der dem Muschelsammeln in nördlichen Gefielden dienen sollte. Und als Lateinschüler liebt man es auch durchaus mal die Klatschbiographien römischer Kaiser von Sueton zu verschlingen, die Caligula besonders verkommen darstellt.

Pustekuchen. Aloys Winterling beschreibt kurzweilig, wie Politik und Geschichte geschrieben und zur allgemein gültigen Wahrheit gemacht werden. Es ist keine Entschuldigung, keine Verteidigung dieses jungen Kaisers, sondern eine objektive Relativierung eines festgefahrenen Bildes und ein Scheinwerfer auf die römische Politik der noch jungen Kaiserzeit. Es beleuchtet die Verkommenheit und Duckmäuserei der alten Machteliten, die dem sich entwickelnden Kaisertum nichts entgegenzusetzen haben. Caligula ist der erste, der dies Fassade einreißt, Tatsachen benennt und deutlich macht. Gleichzeitig legte er damit auch den Grundstein für seine spätere Ermordung. Der junge Kaiser ist erstaunlich beliebt beim einfachen Volk und seine Taten sind nichts weniger als zynische Demaskierungen, die den Senatoren und den anderen Machteilhabern der Lächerlichkeit preisgeben und in ihrer Unfähigkeit offensichtlich machen sollen.

Erst in Darstellungen nach seinem Tod – der Sieger schreibt bekanntermaßen immer die Geschichte – verzerren sich die Darstellungen, wird aus zynischer Realpolitik die Auswüchse eines verrückten kranken Hirns. Aloys Winterling ist es zu verdanken, dass er durch intensive Textvergleiche die Widersprüchlichkeiten der Aussagen über Caligula aufdeckt und so ein Bild schafft, das das Handeln des Kaisers in seiner kurzen Amtszeit durchaus erklärbar macht. Die Jugendzeit Caligulas, die er am Hofe Tiberius ` verbringt, ist prägend für sein gesamtes Leben. Hier erlebt er den Mord an seinen Brüdern, an seiner Mutter. Es ist eine Schreckenszeit, die den später so zynischen Umgang mit den Machteliten erklären lässt, die er als doppelzüngig und feige erlebt. So nimmt er ihre Aussagen, ihr Gunstbezeugungen denn auch später wörtlich und führt sie so ad absurdum. Es ist gut, dass dieses Buch geschrieben wurde, den es öffnet die Augen für eine Figur der Geschichte, die durchaus facettenreich ist und macht so die römische Kaiserzeit verständlicher.

Bernhard Meyer

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