Leider muss manchmal die Realität in der Fiktion verschwinden. Der zweite Krimi von Matt Beynon Rees mit dem Geschichtslehrer und unfreiwilligen Ermittler Omar Jussuf ist ein ein solches Beispiel, dass manche Vorgänge und ein Teil ihrer Hintergründe erst in einem künstlich geschaffenen, erzählten Vorgang lebendig werden.
“Ein Grab in Gaza” schildert, wie aus einem scheinbaren Korruptionsfall um gefälschte Diplome, der von den UN-Mitarbeitern Omar Jussuf, James Cree und Magnus Wallender, die eigentlich gekommen waren, das Schulwesen im Gazastreifen zu inspizieren, untersucht wird, sich eine Spirale von Gewalt und Verbrechen entwindet. Omar Jussuf, der die Hauptfigur des Romans ist, ist ein Mensch, vom Leben gezeichnet, und kein klassischer Ermittler, sehr liebenswürdig in seinem Unverständnis beispielsweise moderner Technik gegenüber. Ein Verbrechen in Gaza steht immer in der Verbindung mit weiteren, wie es so schön in dem Buch heißt, zieht weitere Hintergründe nach sich.
Die Handlung des Krimis ist die eine Seite, solide erzählt, handwerklich gut geschrieben, vom Aufbau her manchmal etwas unspektakulär. Doch ungeschminkt wird auch das Licht auf eine oft ungenannte Komponente im Israel-Palästina-Konflikt gelenkt – und dies macht die Lektüre des Buches spannend. Die Korruption der PLO, der Fatah, der Autonomiebehörden, verwoben im Kampf um Einfluss Macht und Aufbaugeldern. Ein Nährboden, auf dem gerade im Gazastreifen eine Organisation wie die Hamas, prächtig gedeihen konnte, da diese einen Teil ihrer Spendengelder – neben Waffen – tatsächlich auch in Krankenhäuser und Sozialprojekte steckte. Im Gegensatz zu den offiziellen Organen der Autonomiebehörde. Der Waffenschmuggel in einem weit verzweigten Tunnelsystem, die Hoffnungslosigkeit in Gaza, Rees schafft es ein Bild vom Leben in diesem grauenhaften Ort zu zeichnen. Er war lange Bürochef für die Time in Jerusalem, wo er heute noch lebt und arbeitet. Seine Kenntnisse als Journalist, seine Erfahrungen und Eindrücke lassen eben diese Lebendigkeit entstehen. Leider ist es nur schwer möglich sich ein objektives Bild über die Vorgänge in dieser Region zu machen, wie man gerade in den letzten Wochen wieder feststellen musste. Nur eines wird deutlich, vieles ist einfach zu sehr verwoben ein Gordischer Knoten, der auf einen neuen Alexander wartet. Und genau dies zeichnet „Ein Grab in Gaza“ nach, und damit ist mehr erreicht, als „nur“ einen Krimi erzählt.
Bernhard Meyer
Schreibe einen Kommentar