TEUTONIKA – Leben in Deutschland

Gödel, Boltzmann, Habermas – Teil 2

Teil 1

„Ein Sumpf zieht am Gebirge hin…“ (Goethe, Faust 2 )

Manchmal, immer wieder, in längeren Abständen, klingelt es bei mir an der Wohnungstür, ein netter Herr oder eine Dame, stehen dann davor und möchten mit mir über die Bibel sprechen. Diese Menschen, ihr samtiges samstagmittägliches Klingeln sind ein Kontinuum meines Lebens geworden. Sie begleiten mich, egal wohin, in welcher Stadt in den letzten Jahren ich auch gelebt habe, irgendwann waren sie da. Freundlich wie immer und trotzdem direkt. Im Habitus ihrer Erscheinung seit Jahrzehnten eigentlich beinahe unverändert, fast heimelig, nicht prätentiös, nicht unprätentiös, nein, charakterlich fest irgendwie, nicht zu fest, eben einfach nur mal vorschlagend, wie nebenbei, aber auch nicht ganz nebenbei, einfach nur mal die Möglichkeit hier jetzt unterbreitend, über die Bibel zu sprechen.
In den letzten Jahren habe ich an mir selbst beobachten können, wie ich immer zögerlicher, immer schleifender, immer langsamer, diese Gespräche an der Wohnungstür abbiegen konnte.
War ich da früher eher humorvoll, mental leichtfüßig, ein wenig ironisch oder knapp, bin ich heute selbst wahrhaft freundlich, geradezu aufmerksam geworden, verständnisvoll, und habe mich die letzten Male schon dabei ertappt, in einem beinahe genauso einnehmend freundlichen, ebenso vorschlagenden Ton immer umständlicher, fast schon prätentiös zu erklären, warum ich die Bibel jetzt gerade oder eben heute ausgerechnet nicht bräuchte, oder dass ich schon zwei Exemplare besäße, ja, durchaus, zu Studienzwecken.
Die Zeit zwischen dem Öffnen und dem Wiederverschließen der Wohnungstür hat sich in den letzten Jahren bei mir verlängert. Sind es Freunde geworden? Bin ich älter geworden? Habe ich damit begonnen, diese Menschen als Inventar in meinem Leben zu betrachten? Vermisse ich sie vielleicht, wenn sie sich eine Weile nicht blicken lassen?
Sie sind womöglich, in ihrer seltsamen Zeitlosigkeit, in ihrer schwer definierbaren seit jahrzehnten unveränderten Kleidung, mit ihren wenig gefärbten Stimmen, Hemden und Röcken, denen aber auch etwas subtil Uniformes anhaftet – und auch sie oder gerade sie – als Mitglieder eines Mehrkörper-Ensembles ausschwärmen lässt – sie sind darin möglicherweise oder tatsächlich: Boten aus der Zukunft.
Vor allem aber drängen sie mir seit kurzem, ohne dass sie dies wissen, einen gedanklichen Vergleich auf. Ich müsste vielleicht mal mit ihnen darüber sprechen. Das nächste Mal.

In letzter Zeit hatte ich nämlich das Gefühl, wenn ich zum Beispiel Leuten wie Peter Sloterdijk im Fernsehen zuschaute oder ihn reden hörte, dass auch hier einer länger schon ausgeschwärmt ist, um mit seinen Zuhörern und Zuschauern über die Bibel zu sprechen.
Wie man überhaupt gerade am Fall von Peter Sloterdijk ganz gut spüren konnte, wie hier ein ehemals zumindest interessant wirkender Kopf, sein Denken oder zumindest sein Potential zum Denken im Strahlungsdruck von Scheinwerfern der Öffentlichkeit, zunehmend und bedauerlicherweise, vielleicht auch verständlicherweise, eher in eine Strategie der Denkvermeidung investiert hat, was letztlich auf Philosophieverweigerung hinauslief.
Ein Philosoph im Berufsverbot also, eine Operation der Gedankenvermeidung, die nichts desto weniger eingeheftet in einem Interessantheits-Katalog der Bonmots und Apercús sich aufblättert, immer für einen Schmunzler gut oder für ein nachmittägliches Nachdenklichkeitsnickerchen, schließlich aber bundespräsidial abgefedert in den Verweisen – ja auf was eigentlich – auf einen gut und gern genommenen freundlich ironischen Vernunfts, – und Vorsichtsapell, dem natürlich niemand wirklich ernsthaft widersprechen könnte. Selbstverständlich nicht. Keineswegs.
Sloterdijks Bücher, seine Essayistik, stehen für eine Sprachbewegung in fremden Gedanken, die in einem Fließgleichgewicht des Sowohl – als – Auch, des So- aber-vielleicht-auch-ganz-anders immer eine beieindruckende Stoff-Menge an Archivkompilage seit jahrzehnten hin- und her-schwappen lassen. Ein semantisch/semiotischer Gezeitenhub, dem man weder wirklich zwingend zustimmen noch ernsthaft widersprechen wollte. Aber immerhin bettet er den Leser gut ein vor dem Schlafengehen. So bleiben seine Werke Konversationshilfen für den etwas anspruchsvolleren Smalltalk.
Ich könnte Zitate anführen. Aber welche? Man kann gar nicht wirklich etwas gegen oder für diese Sprachbewegung vorbringen, eben weil sie sich immer in eine feinzerstäubte Wolke der Möglichkeiten, des Offenlassens und der Wahrscheinlichkeit einhüllt. Und einer immer etwas frivolen Ironie. So vergleicht man sein Buch „Kopernikanische Mobilmachung und Ptolemäische Abrüstung“ mit dem Buch „Nicht gerettet. Versuche nach Heidegger.“
Und findet dann erstaunt – keine Unterschiede. Während er in dem ersten Buch auf die Träume und Traumen einer entfesselt beschleunigen Nach-Moderne hinweist und eingeht, gleichzeitig aber klarmacht, dass hieraus möglicherweise wieder eine Gegensteuerung in Richtung eines mentalen Cocoonings und einer simulierten ptolemäischen Horizontrückbefestigung sich ableiten lässt, was letztlich einem schulterzuckenden Mal-sehen-was-noch-kommt, bleibt-halt-irgendwie-spannend entspricht, beschäftigt er sich in dem zweiten Buch, dass auch seinen völlig überhitzt umstrittenen „Regeln für den Menschen-Park“ Essay enthält, mit einigen damals klingelnden Problemen zur Stammzelldebatte, zu Luhmann, zu Heidegger und endet schließlich, nicht ohne vorher noch einmal darauf zu verweisen, dass möglicherweise, vielleicht alles immer unternehmerischer und globaler wird, mit – einem Appell an die allgemeine gute alte Vorsicht. So dass auch dieses Buch schließlich eine designte Wahrscheinlichkeitsnote der Für-und-Wieders ausgibt, sich wiederum in eine Möglichkeitswolke hüllt oder hüllen zu müssen glaubt.
Nichts Genaues weiß man nicht. Gut möglich, dass Sloterdijk alles schon mal irgendwie gesagt und irgendwo wieder zurückgenommen und relativiert hat.
Die Diskursbewegung von Sloterdijk, weit davon entfernt, eine wirkliche Richtung anzuzeigen, vollführt zwar präzise Gesprächsmarkierungen als „Gegenwartsbegleiterscheinung“, und tritt damit immer perfekt auf der Erregungs-Stelle des jeweiligen Erscheinungsdatums, aber er bleibt damit rauschender Feuilletonist im Rauschen ohne hervorspringendes Denk-Geräusch, freundlicher Moderator, bestenfalls philosophierender Journalist. Unternommen wird hier nichts. Und wenn einmal von unternehmenden Denken bei ihm die Rede ist, dann borgt er sich das bei Platon oder Nietzsche aus, und spricht dann, als ein Lausbub, der Streiche macht, von „Regeln für den Menschenpark“ – was eigentlich nicht mehr bedeutet, als: Wir brauchen eine regulierende Politik von möglichst umsichtigen Menschen. Wie neu. Wie atemberaubend. Da hält man die Luft an. Nur dem Zeitungsfeuilleton, das leider noch ein bisschen dümmer war als er, und bei olle Nietzsche gleich den Plack bekam, hat er die Prügel zu verdanken, die er sich möglicherweise geradezu dankbar damals dafür abgeholt hat, für eine schwach belichtende Harmlosigkeit.
Nur gelegentlich, in Fußnoten oder Halbsätzen, die man mit der Lupe begutachten müsste, taucht mal irgendwas auf, ein Name und meistens eben wieder: ein kurz erwähnter Gedanke, aber leider wieder nicht von ihm und oft von einem Toten.
Die intellektuelle Armseeligkeit eines Daseins als bloß moderierende Gegenwartsbegleiterscheinung im Sprachspiel, die auf ein projektives oder spekulatives, auf die Zukunft gerichtetes Philosophieren zumindest öffentlich verzichtet, ist bewusst gewählt und seit Jahrzehnten gepflegt und durchdekliniert, aber auch verknüpft mit einer Haltung, die Sloterdijk mit vielen anderen seines Kalibers teilt, die sich über alle Animositäten hinweg letztlich stillschweigend oder sogar ganz offen auf eben diesen tragik-komischen Nenner geeinigt haben, der da heißt: „Bloß keine Letztbegründungsmetaphysik“, keine „Letztbegründungsphilosphie“ mehr. Man begnügt sich bestenfalls mit hochkultivierten Begriffsspielen zur Zeitdiagnostik, die ich mir am Ende immer noch von jedem Taxifahrer knapper und präziser holen kann. Gegenwartsbegleiterscheinung.
Aber worüber soll in einer Gesellschaft dann noch geredet, geschweige denn gestritten werden? Über Knäckebrot? Woran soll dann der dialogische Muskel einer erwachsen gewordenen Gesellschaft trainieren? An alten Schaumgummigewichten? Wie soll sie sich dynamiktauglich halten im Zivilisationsprozess? In poststrukturalistischen Turnschuhen?
Das produziert dann eine gedanklich ausgedünnte, wenn auch gut parfümierte Sprachbewegung, die auf tausend fremden Fußnoten geht, aber nie auf eigenen Füßen.
Eine Sprachbewegung, die hier Denken simuliert, angeseilt im Kletterparcour eines Einkaufszentrums der Archive, mit mehr als einem Helm auf dem Kopf, wo es dann bald erschlafft zurückhangelt, schnell noch ein Buch über Derrida absondernd, dann noch ein Lessingschen Vernunftsausrufezeichen zu den Weltreligionen hinüber sendend – hinein in das nächste Fernsehinterview, in dem dann vom fehlenden(!) Lüge-Verbot der 10 Gebote die Rede ist, wie vor ein paar Tagen im Vis a Vis – Gespräch mit Frank A. Meyer des Schweizer Fernsehens auf 3sat. Ein Gespräch, das mich wie gesagt schwer an meine Bibelverkäufer erinnert hat, und indem Peter Sloterdijk auch noch ein nächstes Werk androhte mit der von Rilke geliehenen Zeile, (schon wieder ausgeliehen): „Du musst dein Leben ändern.“ Womit er sich dann leicht nachhinkend, den Spuren Hape Kerkelings folgend, auch auf einen zeitgemäßen Gang in Richtung Jakobsweg machen wird. Wie immer sehr zeitgemäß. Sehr gegenwartsbegleiterscheinend. Sicher wird er hier dann davon sprechen, dass wir wieder lernen müssen, zu unterscheiden – irgendwie liegt es ja in der Luft – und die erste Unterscheidung an uns selbst vornehmen müssen.
Das ist alles so schmerzhaft ausrechenbar, so eigengedankenverweigernd abgesichert, schlecht angeseilt an den Kadavern der Psychologie des späten 19. Jahrhunderts, dass ich gleich auf Jürgen Habermas überleiten muss.

Leserwarnung. Es folgt eine komplementäre Polemik, die sich nicht gegen Jürgen Habermas richtet, sondern gegen die Funktion „Polemik gegen Jürgen Habermas.“

Man muss heute keine Doktorarbeit mehr schreiben, die ermittelt, dass die denkerische Leistung von Jürgen Habermas hauptsächlich darin bestand, Kariere zu machen, in dem er, ebenso wie Kollege Sloterdijk, Papier einfach so voll schrieb, manchmal womöglich steuerfinanziert, ohne sich und andere nach näheren Gründen dafür zu befragen.
Ihn anpinkeln gehört einfach schon zu sehr zum guten Ton, so dass man beinahe schon wieder Lust auf Parteinahme für ihn bekommt, ihm eine neue Hose kaufen möchte.
In dem er sich also der Frankfurter Schule ab und zu wendete, Karl Marx hier beipflichtete und dort widersprach, Hegel aufgriff und wieder fallen ließ, Luhmann mal mehr mal weniger kritisierte; in dem er entweder reproduzierte, worin Kant schon irrte, oder noch einmal aufschrieb, was Kant schon wusste, ihm an manchen Stellen Raymund Popper kritisierend, beipflichtete, oder ihn woanders korrigierend, Max Weber zustimmend, zu interpretieren müssen glaubte; In dem er Begriffs, – Thesen. – und Gedankensplitter, – Triebe, Fortsätze und Unterscheidungen meistens von vielen, sehr vielen, sehr sehr vielen anderen Philosophen, lebenden oder toten, in unüberschaubaren Teilungen, Ab, – und Aufspaltungen in eine kleinteilige Großwucherung trieb, in ein semiphilosphemisches Gewächs, welches sich aber letzten Endes doch immer als gutartig und operabel erwies, so dass seine eigene Struktur sich trotzdem immer wieder veränderte und wandelte, neu ausstülpte oder wieder eindellte oder sich ausbreitete, beziehungsweise in weiter entfernte Diskursregionen elastisch absiedelte und so als ziemlich beeindruckendes Ding aus dem Sumpf im Sumpf über dem Sumpf eine amorphe alle Gedankenspalten bedienende aber zugleich auch abdichtende performative Sprechaktmasse mono,- duo,- penta, – okta – oder hektoreferenziell hyperanalytisch in den Schlund des akademischen ebenso wie normalöffentlichen Rachens regelrecht hineinkriechen ließ, immer mit einem gewissen kommunikativen, sowohl perlokutiven als auch repräsentationalen Nährwert, so dass man ihn, dieses oder das, was sich hier Jürgen Habermas nennt, diese Habermasse, wobei man immer dazu sagen muss, aus welcher Periode oder aus welchem Diskurs gerade kommend oder gemeint ist, dieses Ding also, als den fleischgewordenen „Strukturwandel der Öffentlichkeit“ himself bezeichnen könnte, indem man ihm vielleicht sogar den Titel “Größte fußnotenverstolperte Gegenwartsbegleiterscheinung aller Zeiten nach Peter Sloterdijk.” zuerkennt.
Damit gehört auch er zu dem Typus von deutschen Nachkriegsintellektuellen, oder vielleicht ist er sogar deren Erfinder, deren Credo “Bloß keine Letztbegründungsphilosophie mehr” in beneidenswerter Weise einen ebenso leicht- wie schwergängigen Redefluss ermöglicht hat, der nach allen Seiten hin reagierend, immer flexibel, an den richtigen Stellen und zu den richtigen Zeitpunkten die passenden Pro- und Kontra-Positionen besetzend, in dieser Weise auch als Manager und perfekter Nachdenklichkeitsdesigner für all die meta-thermischen Nach-Denker stehen kann, die sich ihr “Diskursverhalten” funktionenkompatibel an-und abschrauben und somit selbst in gewisser Weise alle Rasiermesser, die Wilhelm Ockham jemals hätte in Anwendung bringen können, komplett stumpf oder überflüssig machen.

Vor dem Mathematiker Kurt Gödel muss man keine Angst haben.
Dass er eine epochale Beweisführung hingelegt hat, ist jedem halbwegs Interessierten schon mal irgendwie untergekommen. Dass sie sogar für den Normalsterblichen verständlich ist, inzwischen vielleicht auch.
Die Lexikas sind hier etwas zurückhaltend mit allzu volkstümlichen Erklärungen, was man verstehen kann.
Trotzdem. Jede epochale Bewegung in den Wissenschaften als auch in der Mathematik hat das Recht, von allen halbwegs verstanden zu werden. Und das kann sie auch.
Deshalb hier noch einmal kurz in verschiedenen Ausführungen:

Kurt Gödel hat auf mathematischem Wege korrekt bewiesen, dass ein Mathematiker alles formal vollständig abbilden kann, außer den Graphit-Abrieb seiner Bleistiftmine, der in dem Moment anfällt, wenn er die Formeln dazu aufs Papier schreibt.

Etwas volkstümlicher:

Gödel hat mathematisch nachgewiesen, dass sich niemand an seinem eigenen Schopf aus dem Sumpf ziehen kann.

Oder wieder etwas akademischer:

Ein axiomatisches System kann sich nicht selbst auf der Grundlage seiner Axiomatik beweisen, oder es bleibt unvollständig

Oder noch einmal anders:
Es kann kein Buch geschrieben werden, dass sich in sich selbst vollständig beschreibt, oder es müsste dafür in ein zweites Buch überwechseln.

Im Prinzip ein uraltes Problem, dass die Griechen schon kannten, und das Ende des 19. Jahrhunderts wieder aktuell geworden war, weil man gerade die Mathematik sehr gerne als sowohl vollständiges als auch logisch widerspruchsfreies System etablieren wollte.
Im Prinzip wollte man also die Mathematik als exaktes Instrument von all den Paradoxien frei haben, die natürliche Sprachen so prickelnd, aber auch so missverständlich machen.
Man hatte da eine große Hoffnung auf “logische Letztbegründung” der Mathematik.
Kurt Gödel Gödel hat in den 30iger Jahren des 20igsten Jahrhunderts bewiesen, dass das nicht funktioniert, und zwar so erschreckend exakt, dass alle Mathematiker das damals mit kaltem Schweiß auf der Stirn und leicht zähneknirschend akzeptieren mussten.
Er hat also in gewisser Weise Metamathematik betrieben und bewiesen, dass auch in der Mathematik etwas Ähnliches gilt wie in der Thermodynamik:
Es kann kein vollständig geschlossenes Logik- oder
rationales Repräsentations-Perpetuum mobile geben.
Auch die Mathematik hat sozusagen immer eine notwendig offene Stelle, an der ihr Information entweicht, entweichen muss.
Die Bedeutung von Kurt Gödels Beweis kann deshalb auch analog mit der Bedeutung des 2. Hauptsatz der Thermodynamik in der Physik gesetzt werden, der klarmacht, dass es ebenso keine 100prozentig geschlossenen Energie-Arbeitskreise geben kann. Keine Perpetuum mobiles.
Tatsächlich bezog sich Gödels Beweis auf das System der Arithmetik,
einer Folge von natürlichen Zahlen. Deshalb hier noch mal korrekt:
In jedem formalen System der Zahlen, das zumindest eine Theorie der natürlichen Zahlen (N) enthält, gibt es einen unentscheidbaren Satz, also einen Satz, der nicht beweisbar und dessen Widerlegung ebenso wenig beweisbar ist (1. Gödelscher Unvollständigkeitssatz). Daraus folgt unmittelbar, dass kein formales System der Zahlen, das zumindest eine Theorie der natürlichen Zahlen (N) enthält, sich innerhalb seiner selbst als widerspruchsfrei beweisen lässt (2. Gödelscher Unvollständigkeitssatz).
Sprachtheoretisch aber auch sprachpraktisch relevant ist das deshalb, weil auch jede Programmiersprache im Kern eine algorhythmische Folge von Zahlen darstellt. Gödel hat also parallel oder noch vor Turing bewiesen, dass ein algorhythmisches Programm sich nicht selbst unterbrechen kann, um sich selbst zu reflektieren, und anschließend selbstkorrigiert weiterzuarbeiten.

Habermas Theorie des kommunikativen Handelns erhebt immerhin den Anspruch, eine rationale Theorie zu sein, und tatsächlich enthält sie in gewisser Weise rational algorhythmische Elemente, das wären rational abzuarbeitende Prozeduren, die vor jedem Gespräch als Kommunikation von allen Beteiligten wie ein Quasi-Programm abgearbeitet werden müssen, um einen vernünftigen „herrschaftsfreien“ Diskurs zu ermöglichen. Hier sind die wichtigsten:

1) verständlich sprechen.
2) in bezug auf die Welt der Tatsachen bei der Wahrheit bleiben
3) in bezug auf die Welt der sozialen Beziehungen angemessen kommunizieren
4) in bezug auf die innere Welt der eigenen Absichten und Gefühle aufrichtig zu sein.

Nun kann ein menschliches Gehirn diese Dinge parallel abarbeiten, aber das ändert nichts daran, dass hier ein grundlegender Algorhythmus, eine vor jedem Gespräch abzuarbeitende kommunikative Sprach-Handlungs-Routine regelrecht programmiert wird.
Oder als programmierfähig angegeben wird.
Habermas Theorie des kommunikativen Handelns stellt also ein Programm dar, das einen vernünftigen Diskurs programmieren zu können vorgibt. Dieses Programm
aber ist jetzt geschrieben in der selben Programmiersprache, also mit der selben Zeichenmenge, die der zu programmierende Diskurs enthält. In natürlicher Sprache.

Es wäre also schon einmal erlaubt zu fragen, wie jemand, der ein Denker in modernen Zeiten sein möchte, in einer Epoche nach Gödels Beweis, sein Hauptwerk “Theorie des kommunikativen Handelns” nennen kann? Ob das damals etwa als Provokation gemeint war.

Abgesehen mal davon, dass Gödel ja nicht die Mathematik verboten hat oder behauptet hätte, dass sie überhaupt sinnlos sei. Keineswegs.

Aber ein Werk mit dem Titel wie “Theorie des kommunikativen Handelns”, dass ausdrücklich ein rational vernünftiges zu sein vorgibt, muss man nach Kurt Gödel trotzdem entweder als Provokation auffassen oder aber als Blackout.
Kant war wenigstens noch so vorsichtig, und so redlich, seinen Werken das Wort “Kritik” im Sinne von “Analyse” voranzustellen.
Bei Jürgen Habermas steht gleich mal “Theorie des kommunikativen Handelns.”
Was nach Gödel so viel heißt wie: “Münchhausens Theorie über Münchhausen, der sich am eigenen Schopf aus dem Sumpf zieht.”
Dazu enthält seine Theorie noch eine Fülle von typentheoretischen Unterscheidungen in Handlungs,- Geltungstypen und Bezugsweisen die ebenfalls vorbildlich rational und zum Teil hierarchisch in Mengen – und Typenbäumen zueinander in Bezug gesetzt werden, so dass sich der Eindruck einer hierarchischen Mengenmathematik nach Russel und Whitehead oder eben einer echten Programmiersprache noch verstärkt.
Das noch viel Fragwürdigere dieser Vorgehensweise besteht obendrein darin, dass er ein rational orientiertes System in rationalen Mengen-Strukturen mit einer natürlichen Sprache ausarbeitet, einer Sprache, von der man schon vor Gödel wusste, dass sie widersprüchlich, hoch selbstrefrenziell, extrem veränderlich, missverständlich und immer interpretationsbedürftig ist.

Nun war sich Habermas selbstverständlich wohl über dieses Problem im Klaren. deshalb setzt er zwar als “Normativ” die Sprache, muss aber zugleich eine gewisse, wenn auch ausdifferenzierte wittgensteinsche Einschränkung dieses Normativs gelten lassen. Ebenso wie er sich auch darüber im Klaren ist, dass seine Kommunikations-Hygiene-Algorhythmik jederzeit sabotiert werden kann von verschlagenen oder neurotischen Kommunikationsteilnehmern oder Machtversessenen oder Rücksichtslosen, die sich um seine Diskurshygiene nicht scheren.
Zugleich macht er aber klar, dass ja Sprache nie von einzelnen im Einzelnen evolutioniert, wohl aber als Kommunikationsfluss im Dialog und somit ja im Akt des Sprechens von Person zu Person unter herrschaftsfreier Einbindung verschiedener Perspektiven durchaus Sinn produzieren kann, eine Verständigung also.
Sein Normativ ist hier diese kommunikative Sprache, der er zutraut, wenn sie nur genügend fair und ideal vernünftig in bestimmten Sprechaktsituationen gleichberechtigt dialogisch gehandhabt wird, dass sie dann einen “eigentümlicher Zwang des besseren Arguments” durchsetzen kann und dementsprechend auch regulatorische Lageanpassungen, sprich: Handlungen ermöglicht, die alle Beteiligten einigermaßen weiterbringt.
Diese Annahme ist durchaus richtig, vernünftig, menschenfreundlich, ein wenig idealisiert, was ihm selbst auch klar war, und ihm auch nicht vorgeworfen sein kann.
Sicher war jedem schon das eine oder andere mal im Alltag vergönnt, einen “herrschaftsfreien Diskurs” zu erleben. So etwas kann funktionieren, sozusagen auf molekularer Ebene für kurze Momente – durchaus.

Der kritische Punkt ist aber ein anderer. Meine oben angedeutete Polemik “gegen” Jürgen Habermas, die ich hiermit wieder in Anführungsstrichen setze, und damit entschärfen möchte, möchte auf ein generelles Problem hinweisen, dass ich hier nur paradigmatisch über die Funktion ” Polemik gegen Jürgen Habermas” eingeführt habe.

Indem sich die heute so genannte denkerische Elite beinahe einstimmig darauf geeinigt hat “Letztbegründungs-Metaphysiken” zu vermeiden, um “Totaliät” oder “totalitäre” Weltgroßerzählungen zu umgehen, was ein verständliches, durchaus verständliches einer Vorsicht geschuldetes Nachkriegsanliegen war, hat sie aber parallel bis heute in unserer Öffentlichkeit ganz unbeabsichtigt eine andere, sozusagen blind wirkende Totalität heran gezüchtet, die ich oben mit eben jenem diskursiven Sumpf polemisch überspitzt habe, indem die Funktion „Jürgen Habermas“ selbst sozusagen zu einem „fleischgewordenen Strukturwandel der Öffentlichkeit“ mutierte, oder um ein anderes Beispiel zu nennen – in dem ein Dietrich Diedrichsen sein eigenes Eigenblutdoping betreibt, in dem er ein unterhaltsames Buch über das Eigenblutdoping von Leuten schreibt, die mentales Eigenblutdoping betreiben.
So befinden wir uns heute in einer kritischen Situation, die in immer feineren Ausdifferenzierungen sich allmählich als ein diskursives Mehrkörper-Ensembel ausbildet, dessen “Sinn” allmählich von jeder handlungsrelevanten Inhaltlichkeit in die blanke statistische Dynamik eines lediglich flussbewegten Mehrkörper-Ensembles einmündet, das schließlich nur noch statistisch in einer Gaskinetik Ludwig Boltzmanns beschrieben werden kann.
Hier spielen Inhalte oder Eigenschaften keine Rolle mehr, sondern nur noch statistische Freiheitsgrade im kommunikativen Hin – und Her eines Fließgleichgewichts aus Spruch und Widerspruch. Rede und Gegenrede. Polemik und Verteidigung.

Dazu kommt nun die in Teil 1 problematisierte Funktion der Technik, deren wirkhaftes Element nachweisbar Einfluss auf die Struktur der Öffentlichkeit genommen hat, nimmt, und in Zukunft noch weiter nehmen wird, in einer völlig unklaren Mischung aus Rationalmengen, Psychomengen, Programmiersprachapparaten und Restsprachen der Natürlichkeit eine ziemlich unklare Melange erzeugen, während es halbwegs hellere Köpfe wie Habermas oder Sloterdijk vorziehen, sich beim Papst empfangen zu lassen oder in Fernsehinterviews irgend etwas von den 10 Geboten zu faseln, oder gar von einer Lizenz zum Lügen, was mit nichts anderem zu belegen ist, als mit dem klaren Wort: Arbeitsverweigerung.
Deutschlands maßgebliche Intellektuelle verweigern die Arbeit und gehen stattdessen auf den Jakobsweg. Dagegen wäre nichts einzuwenden, wenn sie es sich verdient hätten.

Parallel dazu glaubt eine Phalanx von Schwachköpfen oder Schwächerköpfen Karl Marx und Lenin wieder ausgraben zu müssen, und das womöglich auch wieder finanziert von hart kapitalistisch erwirtschafteten Steuergeldern, die sie von irgendwelchen muffigen Seilschaften mit fragwürdiger Vergangenheit bekommen, oder womöglich sogar von Privatleuten, die sich darüber freuen, dass immer mehr Menschen in unserem Land, die Möglichkeit einer projektiven Zukunft gegen Kunst-Quatsch oder Schlimmeres eintauschen.

Die Frage wäre also, ob es ein Naturgesetz gibt, nachdem sich jede ausdifferenzierte Informationsgesellschaft in ein solches informell statistisches Mehrkörper-Ensemble verwandelt.

Eine philosophische Gesellschaftsbeschreibung, die letztlich eine Ethik oder eine “Ethik der Moral” formulieren will, oder formulieren können wollen muss, also jede Form der gesellschaftlichen Analyse, muss sich heute wieder die Frage nach Ockhams Rasiermesser stellen, wenn sie nicht zunehmend in unreflektierter Selbstreferenz versinken möchte und damit zum Spielball von dynamischen Mechanismen wird, die sie immer weniger selbst durchschaut, vielmehr weiter als diskursiven Sumpf ernährt und folglich ihm immer tiefer und blinder ausgeliefert wird.

Soll heißen: Sie müsste sich allmählich bemühen, über einen “2. Hauptsatz der Gerechtigkeit” nachzudenken, der auf naturwissenschaftlicher Basis einsehbar macht, warum jeder Versuch, der auf einer Annahme von verlustfreien Äquivalenzen und Gleichverteilungen beruht, und somit nach nur “menschlichen” Vernunftsmaßstäben kommunikative Zivilität definieren möchte, scheitern muss, solange eben, bis klar wird, dass auch die so genannte diskursive Öffentlichkeit einem solchen 2. Hauptsatz, der einem “2. Hauptsatz der Information” entspräche, unterliegt.

Ein solcher 2. Hauptsatz der Information könnte dann eventuell beschreiben, dass es nicht nur eine physikalische Thermodynamik gibt, sondern auch ein informelle Meta-Thermodynamik, die in eine Informationsgesellschaft immer weiter in die meta-thermische Dissipation treibt. Was einer Entropie der Information entspräche.

Was zur Folge hat, dass wir einsehen müssten, dass alle zukünftigen gesellschaftlichen Bewegungen lediglich meta-thermischen statistischen Wärme-Effekten unterlägen.

Der Gedanke soll das Defizit aller heutigen Gesellschaftsdebatten verdeutlichen, die einem Gleichgewichts- und Fairnessmodell aufsitzen, dass im übertragenen
Sinne etwas einfordert, das man einen real gültigen 1. Hauptsatz der Gerechtigkeit nennen könnte.

Dieser entspräche analog der Illusion von Ingenieuren zu Beginn des 19. Jahrhunderts, die eine Zeit lang glaubten, nachdem die Beziehung zwischen Arbeit und Energie verstanden war, ein geschlossenes Perpetuum mobile bauen zu können mit dem Wirkungsgrad 1.

Was bekanntlich am 2. Hauptsatz der Thermodynamik, der später konsistent formuliert wurde, scheitern musste.

Die Naivität jeder auf “Sprache” als Normativ abhebenden Regulationsutopie entspricht der Naivität eines Ingenieurs aus dem frühen 19 Jahrhundert, der zwar gesehen hat, dass es wohl die Energie sein müsste, die sich in Arbeit, sprich: In Handeln und Verhalten – umsetzen lässt, der aber noch nicht wusste, dass diese Energie einer unhintergehbaren Dissipation unterliegt, weshalb eben nicht alle Energie in Arbeit umgewandelt werden kann.

Analog zu einem angenommenen 2. Hauptsatz der Information hieße das: Nicht alle „vernünftige“ Sprache kann in „vernünftiges“ Handeln umgesetzt werden.

Es bleibt ein Rest – der aber wo hin geht?

Alle Regulationstheorien sind verkappte Programmiersprachen und unterliegen damit
dem Gödelschen Unvollständigkeitstheorem.

Vor diesem Hintergrund dürfte klar sein, warum auch der Marxismus wie alle “Regulationsutopien” als selbstreferent geschlossene Gleichgewichtstheorien scheitern mussten, und warum ein gerade im Trend liegender Neomarxismus scheitern muss, solange er lediglich an die “menschliche” Vernunft appelliert, ebenso wie ein auf “Sprache” abhebendes Kommunikationsmodell scheitern muss, weil es im blinden Fleck seines Rückens einen meta-thermisch dissipierenden Diskurssumpf schafft, in der jede gute Absicht auf Verständigung als in seiner eigenen Ausdifferenzierung versinkend und somit wichtige denkerische Ressourcen verstopfend und erstickend, qualvoll verendet.

Und ebenso wie eine rein systemtheoretische Beschreibung nicht mehr ausreichen dürfte, zu beschreiben, warum die Wirklichkeit von „Systemen“ in einer Informationsgesellschaft zunehmend von einer Wirklichkeit der „Dynamik“ zwischen menschlichen und technischen Info-Körpern überlagert und formbildend bewegt wird. Siehe Bankenkrise. (unklare Mischung aus Kommunikationstechnik-Körpern und Psycho-Körpern.)

Kurt Gödel hat in den 30iger Jahren, man könnte es so nennen,
einen 2. Hauptsatz der Information formuliert.

Damit hat er keineswegs die Mathematik ihrer Konstruktionskompetenz beraubt,
aber er hat als weiterer Wissenschaftler nach Clausius, Boltzmann und Maxwell konsistent formuliert, dass es geschlossene, in sich konsistente und rationale Beschreibungssysteme nur unter Inkaufnahme einer mengentheoretischen Komplementarität geben kann, die Vollständigkeit und/oder Beschreibbarkeit eines gegebenen Systems komplementär voneinander abschirmen.

In der Thermodynamik entspricht dies der Komplementarität von 1. und 2. Hauptsatz.

Während der 1. Hauptsatz ein “reversibles” und damit zeitloses Tausch- und Äquivalenzprinzip als eine Art geschlossenes Funktionen – Prinzip der Energie formuliert, formuliert der 2. Hauptsatz die Überführung dieses Prinzips in die Dynamik der statistischen Entropie, der Dissipation. Was einen eindeutig irreversiblen Zeitpfeil erzeugt, der nur eine Richtung kennt.

In welche Richtung zeigt der informative Zivilisationsprozess?

Die statistische Thermodynamik des 2. Hauptsatzes ist zugleich eine Informationstheorie, weil hier das Gesetz der großen Zahl aus der Wahrscheinlichkeitsrechnung als Wirklichkeit durchschlägt und ein gaskinetisches Mehrkörper-Ensemble statistisch dynamisch beschreibbar macht, bei gleichzeitiger Überführung der “Eigenschaften” von Körpern in rein statistische Freiheitsgrade.

Beide Hauptsätze widersprechen sich nicht, aber sie sind ebenso wie Gödels mengentheoretische Beweisbarkeits- und/oder Unvollständigkeitstheoreme komplementär miteinander vermittelt.

Wir müssten heute darüber nachdenken, was das für Informationsgesellschaften, die über technische Vermittlungen immer auch als hoch aufgewärmte Gesellschaften beschrieben werden können, eigentlich bedeutet.

Eine wie auch immer diplomatisch orientierte Rückanbindung an neomarxistische Konzepte oder, wie neuerdings bei Habermas, der inzwischen ein weiteres Mal ideologisch permutiert ist, zu päpstlichen Annäherungen kann nur als ein hilfloses Ausweichen vor der Frage diagnostiziert werden, wie Energie und Information sich einander vermitteln.

Dass Kurt Gödel die Mathematik ihrer Illusion der logischen Geschlossenheit
beraubt hat; dass die Physiker Clausius, Boltzmann und Maxwell konsistent die Unmöglichkeit eines total geschlossenen, sich selbst zu 100 Prozent referierenden Arbeits- und Energiekreislaufs nachgewiesen haben, hat diese Wissenschaften eben gerade nicht deprimiert, sondern konstruktiv befreit.

Befreit zu konstruktiven Techniken – die zugegebenermaßen auch und immer noch unverstanden wuchern, wuchern müssen, eben deshalb, weil sie in einer Gesellschaft eingebettet sind, die gesellschaftsanalytisch und diskursiv weit hinter den wissenschaftlichen Entdeckungen der letzten 150 Jahre zurückgeblieben ist und ihre Debatten immer noch auf der Ebene der 1. Hauptsätze betreibt, also eingeschlossen in der Falle von falschkonsistent kreisenden Ich-Psychologien und völlig unklar definierten Beobachterbegriffen. Wo sie strukturell gesehen sich scheinbar modern, also postmodern, heteronom, multiuniversal, beobachterrelativ sich gebärdet, ausweichend einer „Letztbegründung“, hat sie, was die Dynamiken betrifft, ein enormes Erkenntnisdefizit. Deshalb schafft sie in ihrem diskursiven Ausweichmanöver vor der „Letztbegründung“ eine neue unverstandene dynamische Totalität im toten Winkel ihres Rückspiegels, wo sich ein alles erstickender Diskurssumpf oder besser: eine jeden Gedanken austrocknende Wahrscheinlichkeitswüste bedrohlich ausbreitet, in der Argument und Gegenargument nur noch etwas über die Wahrscheinlichkeit ihres Auftretens aussagen, aber keinen erkennbaren inhaltlich relevanten Handlungsimpulse mehr transportieren; ein Effekt der ganz allmählich zu einer unverstandenen, aber realen „Letztbegründung“ im Wärmetot der Information (Flusser) heranwächst.

Könnte nicht auch die Erforschung dieses durch Tatsachen immer evidenter werdenden 2. Hauptsatzes der Information, die Gewissheit also, dass es keinen absolut geschlossenen informellen Kreislauf in modernen Gesellschaften geben kann, ein Naturgesetz also, das so etwas wie einen geschlossenes Perpetuum mobile der diskursiven oder kommunikativen Gerechtigkeit naturgesetzlich unmöglich macht – könnte eine solche Einsicht nicht als ein Ockhamsches Rasiermesser wirken, welches eine Menge blinden und eigendynamischen Diskursmüll bändigen hilft, und zugleich aber damit Platz schafft, für einen befreiten und wirklich neuen Blick aufs Ganze? Ein Blick der nun weiß, dass es nur eine „asymmetrische Gerechtigkeit“ geben kann, die einem klaren Zeitpfeil sowohl entwicklungsdynamisch folgt als auch unterliegt, als Dynamik einer Entwicklung, die man erst dann und gerade deshalb wieder mündig beeinflussen kann, nachdem man sie als naturgesetzlich gegeben verstanden hat?

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