In einer Informationsgesellschaft wäre irgendwann zu überlegen, wie man eine Meta-Kelvin-Skala definiert.
So wie jeder Körper, nicht nur der menschliche Körper, eine physikalische Temperatur auf der Kelvin-Skala besitzt oder von seiner Umwelt annimmt, so müsste in einer technischen Informationsgesellschaft jedem Körper auch eine informatorische (meta-thermische) Temperatur zugeordnet sein.
Welche informatorische Temperatur hat ein technisches Gerät, ein Handy, hat ein Lackier-Automat, ein Bildschirm, ein Börsenticker?
Wie warm – im informatorischen Sinne – ist ein Computer? Wie viel Metakelvin?
Diese Temperatur könnte etwas über den statistischen Freiheitsgrad eines Körpers aussagen, innerhalb dessen er sich in einem informellen Mehrkörper-Ensemble (nach Boltzmann) statistisch in Bezug zu anderen technischen Körpern “verhalten” kann und deren “Verhalten” beeinflusst.
Jede etwas komplexere Maschine dürfte heute, auf einer solchen Meta-Kelvin-Skala, schon “wärmer” sein, als ihr durchschnittlicher Bediener. (Auch wenn sie außer Betrieb ist)
Dem Subjekt widerstrebt es noch, anzuerkennen, dass es innerhalb einer technischen Informationsgesellschaft lediglich ein statistischer Körper ist, der sich seinen statistischen Freiheitsgrad in einem Mischverhältnis mit Geräten, informellen Apparaten und anderen Körpern teilt, und er demzufolge nichts anderes wäre, als ein Körper unter Körpern.
Dieses “Körper unter Körpern sein” widerspricht seinem (alten) Selbstverständnis als nichtaustauschbares Subjekt. Einerseits.
Andererseits – Körper unter Körpern sein – was als physische Orgie (sexuell) früher schon “formativ” auf Gesellschaften einwirkte – tauscht sich jetzt um, bekommt ein meta-physisch informelles Vorzeichen. In einer Informationsgesellschaft verschmelzen menschliche Körper mit technischen Körpern zu einem meta-thermischen Mehrkörper-Ensemble.
Dabei tauscht der Körper sein “Subjektivverhalten” ein- per Interaktion und laufender Innovation an Technik und Sozialtechnik – aber nicht mehr nur wie früher – in die Gesellschaft einer Menschengemeinschaft hinein – sondern in die Gemeinde eines Mehrkörper-Ensembles, die ihn zum informativen Körper unter (technisch-informativen) Körpern macht, mit denen er jetzt statistische (informative) Freiheitsgrade teilt und tauscht.
Das Verhalten wird vom Körper getrennt. Es befreit sich zu prothetischem Verhalten.
Aber er gibt nicht nur ab. Er gewinnt auch – einen technischen Freiheitsgrad. Er gewinnt prothetisches Verhalten.
Diese Freiheitsgrade und Verhaltensprothesen werden zunehmend vom Informationsfluss meta-thermisch bewegt, weniger von einzelnen Subjekten.
Subjektiv-Verhalten und prothetisches Verhalten schirmen sich komplementär ab und werden (füreinander) ununterscheidbar.
Der Informationsfluss ist die meta-thermische Entsprechung zur Wärmebewegung der physikalischen Thermodynamik.
Energie und Information sind äquivalent. Als Transformator zwischen Energie und Information wirkt die Blut-Hirn-Schranke des Metazellers Mensch.
So wie es einen 2. Hauptsatz der Thermodynamik gibt, so ist auch ein 2. Hauptsatz der Information wirksam anzunehmen – als ein Naturgesetz, nachdem Information sich in immer mehr (speziellere) technischere Einheiten hinein ausbreitet und abtauscht, wo sie sich auch wieder zu informell-energetischen Milieus formieren kann.
Das Subjekt im Übergang muss mißtrauisch hinnehmen, das zum Beispiel Banken-Krisen, die lediglich ein Kontraktionsvorgang des allmählich wachsenden und atmenden Mehrkörper-Ensembles spürbar machen, nicht mehr in die Regulierungskompetenz des guten alten Subjekts fallen.
Diese Effekte werden sich weiter ausbreiten. Der “charismatische” Einzelne; der “unfähige” Manager; der “richtige” Politiker – haben abgedankt.
Die Bühne betritt: Der Mann ohne Eigenschaften.
Der aber kein Mann mehr sein muss. Und auch keine Frau.
“Er” oder “Sie” verwandelt sich zum “Es”.
Das wäre das informative Mehrkörper-Ensemble im statistischen Fließgleichgewicht, das einer informellen Themodynamik unterliegt.
Vor dem Hintergrund einer solchen Situation, stellt sich auch die Frage nach Gleichverteilung.
Wenn Manager zunehmend als Statisten statistisch agieren und immer austauschbarer werden, worin besteht dann noch eine persönliche Leistung, die ein zwei -, oder dreistelliges Millionengehalt rechtfertigt?
Die Frage hat nichts mit Neo-Marxismus zu tun, nur mit Statistik.
Eine Antwort wäre, dass ein Manager heute in einer Führungsposition der Mann mit den wenigsten Eigenschaften ist. Der “größte Statist”.
Seine Leistung besteht darin, dass er sein Subjektivverhalten komplett in den statistischen Dienst eines informativen Mehrkörper-Ensembles
stellt und hier in “prothetisches Verhalten” eintauscht.
Ein guter Manager agiert als Eigenschaftsrumpf der sich sein “Verhalten” prothetisch anschraubt, um sich jeweils funktionenkompatibel nach Maßgabe der Informationsflüsse zu verhalten.
Die Systemtheorie hat eine solche Fähigkeit eine Zeit lang als “postheroisches” Management bezeichnet. (Dirk Baeker)
Der postheroische oder nichtheroische Manager war mal vor etwa 15 Jahren eine Figur, die von systemischen “Komplexitäten” gezeugt wurde. Aber das ist lange her.
Da sich die Informationsflüsse und Frequenzen in unserer Gesellschaft seit dem enorm beschleunigt haben, was einem “Abwärmen” oder Mischen ihrer informellen Temperatur auf der angenommenen Meta-Kelvin-Skala entspricht, schmilzt auch dieser ehemalige postheroische Manager immer mehr in Richtung Technik ab, mit der er zu einem mensch-technischen Mehrkörper-Ensemble verschwimmt.
So gibt er automatisch, nicht willentlich, Verantwortung an die Technik ab, wobei er immer öfter, sofern er noch als Mensch agiert, als “Fehlerquelle” auffällig wird.
Es bleibt deshalb die Frage, wem ein mehrstelliges Millionengehalt heute zugehörig ist. Dem “Manager”, oder der Technik? – ohne die sein Managerdasein undenkbar wäre, oder der wissenschaftlich- technischen Entwicklungsgeschichte, in deren Verlauf viele viele Gehirne und viel viel informatives Denkpotential, aber auch viele Kriegstote, diese Technik, diese informative Gesellschaft geschaffen haben. Meta-thermisch aufgewärmt haben.
Eine Gerechtigkeitsdebatte in unserer heutigen Gesellschaft müsste eine Debatte (auch) über Technik werden. Sie müsste in Techniken über Techniken zu Techniken sprechen.
Und sie müsste beginnen, über informatorische Temperaturen nachzudenken.
Die Metakelvin-Skala.
Solange sie ausschließlich und ausnahmslos über “böse” oder “gute”, über “fähige” oder “unfähige” Manager debattiert, über “vernünftige” oder “unvernünftige” Menschen – hat sie nichts begriffen und wird auch nichts erreichen.
Wer jetzt sein Geld von den Banken holt, macht einen schweren “menschlichen” Fehler.
Er zeigt sich dann als genau so “unfähig”, wie die Manager, denen er misstraut.
Labornotiz
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