Kaminski 3

Kaminski hatte mich kurz vor Weihnachten noch einmal im Labor besucht und mir das elektromagnetische Spektrum vorbei gebracht. Ich bat ihn, es diesmal nicht ausarten zu lassen, da ich auch etwas im Weihnachtsstress war und noch einige Geschenke besorgen wollte.

Beginn kleines Protokoll:

„Für euren Baum.“ – sagt er – „aber nur geliehen.“
Und lässt dann die Verschlüsse einer altmodischen Doktorentasche aufklicken, die innen mit schwarzem Samt ausgeschlagen ist.
Im schwarzen Abgrund seiner Tasche glüht tiefrot eine Kugel, etwas kleiner als ein Fußball, wie in einem tragbaren Universum. Mit beiden Händen hebt er diese Kugel nun daraus hervor. Zwischen seinen Fingern wirkt sie dabei verletzlich und wabernd wie eine glühende Seifenblase.

„Sie ist stabil. Und sie glüht ein wenig. Ich habe das Band des elektromagnetischen Spektrums so aufgewickelt, dass die weihnachtlich rote Seite des sichtbaren Lichts bei einer Wellenlänge von etwa 780 Nanometern außen liegt und schön gemütlich ausstrahlt. War nicht ganz einfach, denn das elektromagnetische Spektrum ist groß.

Ich bin begeistert und frage ihn:

„Aufgewickelt? Es ist eigentlich ein Band?“

„Na ja,“ – sagt er – „man spricht von einem Band. Aber das „Band“ ist eher ein Modell und bezeichnet die Verteilung der verschiedenen Wellenlängen in dem Spektrum. Aber du kannst es dir gut als Band vorstellen. Ein Band, das ich für deinen Weihnachtsbaum zur Kugel aufgewickelt habe. Band deshalb, weil es eine klare Ordnung der Wellenlängen gibt. Das elektromagnetische Spektrum zeigt uns ein beinahe kontinuierliches Nacheinander. Mit ansteigender Temperatur und höherer Energie verkürzen sich die Wellenlängen. Es gibt ein klares Nacheinander der Werte. Deshalb eben „Band“. Du weißt, das elektromagnetische Spektrum oder eben – das elektromagnetische Band – umfasst so ziemlich alles, was uns bewegt. Sogar Weihnachten. Es beginnt irgendwo bei den niederfrequenten Wechselströmen in deiner Steckdose, geht dann über in die Lang- und Mittelwellen unserer Radioempfänger, wird zur Ultrakurzwelle, auf der heute noch Radio, zum Beispiel die Weihnachtsansprache des Papstes, und im etwas höheren Frequenzbereich dann das Fernsehprogramm zum Beispiel mit der Ansprache des Bundespräsidenten ausgestrahlt wird, bis es dann in den Mikrowellenherd – und Radarbereich hineinläuft, der unseren Luftraum überwacht, den Flugverkehr regelt, in dem aber auch Handys und viele digitale Signalsender arbeiten, mit dem wir unseren Verwandten schöne Grüße zum Fest der Liebe übermitteln, naja, und dann….

„Was dann…?“

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