TEUTONIKA – Leben in Deutschland

Drei Könige und kein Jägermeister – eine Begegnung in Wolfenbüttel

Karl mit einer wirren Haarmähne spricht wenig oder gar nicht und verduftet sich dann mit einer klappernden leeren Bierflasche im Fahrradkorb. Eckart erzählt, dass er gerade obdachlos ist, weil die Vermieterin letzte Woche das Schloss ausgebaut hat und dass es schon lange her ist, dass die Familiengärtnerei verkauft werden musste. Nach der Umschulung fünf Jahre bei der Firma, Radiologie und Strahlenschutz, Feinmechaniker, dann Stellenabbau und Arbeitslosigkeit. Er zuckt mit den Achseln, hustet das Schicksal weg und meint, dass das Leben selten vorbildlich sei. Mit den Bettlern ist es wie mit den Königen: Wenn zu viele Könige an einem Platz sind, verliert sich ihre Majestät. Schmutzige Jeans, Husten, ausgetretene Turnschuhe, egal, sie sind stolz auf ihre lange Freundschaft und auf ihre Heimatstadt Wolfenbüttel. Hubert hat früher im Schlosspark für den Jägermeister, also für die Rehe vom Jägermeister, Eicheln und Kastanien gesammelt – für die Plastiktüte gab es damals ein Probefläschchen. Auch für Eckart hat der Jägermeister mal Bedeutung gehabt, weil er in der Türkei eine Frau kennengelernt hat und sie wusste dann, achso, da kommt er her! Sie kam aus Schweinfurth und sie waren gemeinsam beim Basketball in Wuppertal. Jetzt trinkt er nur ab und zu mal einen Becher, einmal im Monat, wenn Jägermeister im Forum Shoppingcenter einen ausgibt. „So mit Ginger Ale oder so, aber wenn Sie mich fragen, am liebsten mag ich Kirsche.“ Wenn Eckart sich ein neues Produkt im Jägermeister Wildshop in der Fußgängerzone wünschen könnte, wäre es eine orange Jägermeistertapete mit schwarzen Hirschen. Nach kurzem Nachdenken fügt er noch hinzu: „also nicht für die Stube, nur im Flur.“ Hubert, wenn er König von Wolfenbüttel wäre, dann würde er die lauten Martinshörner von Krankenwagen und Feuerwehr, überhaupt, alle Autos nach 22 Uhr verbieten: „Manche wollen ihr Auto ja noch mit auf die Toilette nehmen!“

Normalerweise bleibt die Parkbank am Samstagnachmittag leer. Bundesligazeit. Aber für Eckart, Hubert und Karl ist das Spiel in der Niedersachsenliga Ost (5.Liga) am nächsten Tag viel wichtiger: „Da müssen wir erstmal gewinnen: Wolfenbüttel gegen Northeim!“. Der MTV Wolfenbüttel verliert das Spiel im Meesche-Stadion gegen den FC Eintracht Northeim mit 1:2.

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