TEUTONIKA – Leben in Deutschland

Die Insel

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Sehr früh morgens und zu einem Zeitpunkt, als Konrad eigentlich gar nicht damit rechnete, denn er sah in sich versunken, einigen wenigen Vögeln lauschend, aufs Meer hinaus, wo gerade ein Teil der Sonne begann, sich machtvoll zu zeigen, da mußte die Frau erwacht sein. Er konnte es so nur vermuten, denn genau jenen Moment, diesen besonderen, den er sich unzählig viele Male vorgestellt hatte und den zu erleben er beinahe als Pflicht empfunden hatte, jenen nämlich, wo sie die Augen öffnen würde und er unbedingt bei ihr sein wollte, den hatte er verpaßt. Drei Meter etwa nur war er von ihr entfernt gewesen.
  Das Erwachen der Frau muß so sacht gewesen sein, dass es ihn vielleicht überhaupt nicht erreichen konnte, denn als Konrad sich zu ihr wandte, versuchte sie schon ihren Oberkörper aufzurichten. Sie hatte gar nicht begriffen, dass sie dazu viel zu schwach war. Fast wäre Konrad auf sie zugesprungen, zügelte sich aber schon in dem Moment, als er zur Hast ansetzte. Und er wurde immer noch behutsamer, je näher er ihr und damit dem Augenblick kam, wo er wußte, nun könne auch sie ihn gleich sehen.
  Sie wie ein Kind zu behandeln, fiel ihm nicht schwer. Und Konrads Unsicherheit verflog auch schnell, indem sie seine Hilfe annahm und sich von ihm vorsichtig zurück in eine Liegestellung zwingen ließ, und dabei, wie er zu spüren glaubte, nur Glück empfand.
  Die Sonne stand unterdessen schon voll über dem Horizont und sah aus, als wäre sie größer oder näher oder überhaupt eine andere.

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