Die Insel

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Kaum war sie wahrnehmbar. Aber als Konrad noch Lebenskraft in der Frau spürte, geriet er in ein unendliches Glücksgefühl. Ein wirrender Glauben, alles würde sich nun endgültig bessern, ohne zu wissen, wie. Doch auf der Welt schien wieder ein zusammengehöriges Geschehen zu wirken, in das er, Konrad, sich einbezogen empfand.
  Er baute der Frau ein Lager aus Zweigen und den großen Blättern eines bestimmten Baumes. Schuf es wie ein bequemes Bett, auf welches er sie dann vorsichtig legte. Immer wieder versuchte er ihr den Saft von Früchten einzuflößen, was dann und wann auch gelang. Doch ihre Augen hatte die Frau noch geschlossen.
  Direkt um das Lager steckte Konrad Zweige in den Sand, etwa sechzig Zentimeter lange, die mit den herrlichsten Blüten besetzt waren. Wenn die Frau erwachte, so stellte er es sich vor, müsse ihr als erstes etwas auffallen, was sie beglückend überraschen würde, denn an das, was unabwendlich zu sagen wäre, daran wollte er sie nur nach und nach gewöhnen.
  Den Gedanken an ihren möglichen Tod hatte er inzwischen weit verdrängt. Und hätte ihn einer fragen können, warum er die Frau so sehr pflege, so wäre er sich wahrscheinlich schlagartig nur seiner überaus großen Mühen bewußt geworden und sonst wäre ihm nichts weiter eingefallen. Alle Zeit kümmerte er sich nur um die Frau; schlief kaum, saß bei ihr und schaute sie an und war bis ins Herz zufrieden, wenn ihr Antlitz immer mehr entspannte und sich unzweideutig weiteres Leben in ihm sammelte. Und er wußte nicht, ob er es tatsächlich sah oder sich nur einbildete, manchmal schien ihren Mund auch schon ein zaghaftes Lächeln zu verlassen.
  Viele, viele Stunden, selbst über die Nacht hinweg, saß Konrad so da und wartete. Das einzige, was er außerdem tat, war, sie dann und wann mit Flüssigkeit zu versorgen. Und Zweige, bei denen er empfand, ihre Blüten wären schon welk geworden, die tauschte er gegen frische aus, denn es gab davon ja unendlich viele.

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