Die Insel

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Selbst das Licht des Tages und vor allem natürlich die Lautwelt der Nacht waren fern allem Gewohnten.
  So viele lebendige Töne Konrad nachts hörte, so selten sah er am Tag sich etwas bewegen. Ausgenommen das Meer im Wind und die Pflanzen oder oft den Sand des breiten Strandes, auf dem er sich nun beinahe immer befand; das endlose Wasser vor sich. Nur kleine Vögel flogen manchmal an ihm, aber selten, mit hastigen Flügelschlägen vorüber.
  Genau drei Nächte und mindestens zwei Tage, konnte sich Konrad später erinnern auf der Insel gewesen zu sein, als sich etwas Gegenständliches, mit den Wellen kommend, aber viel langsamer als diese, auf das Ufer und auf ihn zu bewegte. Erst sah er es im Grunde in sehr ungebundenen Gedanken, träge, als wäre er selbst schon lange in das alles durchdringende Rauschen des Ozeans mit aufgenommen und erlebte darin so viel, wie er nur konnte und sich zu fühlen letztlich auch traute. Plötzlich aber sprang er auf und war sich dabei, weil er es so abrupt tat, fast fremd, verharrte dann noch einmal in völliger Regungslosigkeit im Stehen, hielt die Hände fest vor die Augen, und als er sie wieder fortnahm und der Punkt zwischen den Wellen noch immer zu sehen war, da rannte er ins Wasser und schwamm und schwamm, kaum langsamer werdend.
  Manchmal sah er sein Ziel; dann aber schien es wieder wie vom Meer verschluckt, oder als wäre es von Anbeginn eine Chimäre gewesen: Je nach dem, ob Konrad oder das treibende Etwas sich gerade in einem tiefem Wellental befanden.

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