TEUTONIKA – Leben in Deutschland

Die Insel

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Noch ahnte Konrad nicht, wo er war. Und wie es kam, dass er lebte, dies fragte er sich nicht einmal.
  Zaghaft nur begann er wieder zu überlegen, und aß, mit sich ständig mehr und mehr steigerndem Ekel, Spinnen und ähnliche Kleintiere, vor allem aber schmackhafte saftige, fremde Früchte, die er überall fand, nachdem er die Grenze zum Dschungel so mühsam erreicht hatte.
  Stunden wohl lag er da: und sah in das endlos klare Blau des Himmels, atmete langsam, und die Weite des Kosmos beschäftigte ihn mehr, als sie es je vermocht hatte in seinem Leben. Nicht einmal über Zufall, Bestimmung oder Unglück vermochte er nachzudenken. Ganz klein kam er sich vor, wie eine Alge. Doch bedroht fühlte er sich nicht.
  Die langen Wellen verursachten immer wieder und gleich bleibend das Geräusch weichen Zerfalls, das ihn in seiner tiefen Stetigkeit nur beruhigte.
  Wie viel Zeit inzwischen vergangen war, wußte Konrad nicht. Aber bald wurde ihm nun auch bewußt, dass er das überlebende Opfer einer schrecklichen Schiffskatastrophe war und sich anscheinend auf einer Insel befinden mußte. Mehr konnte er noch nicht ordnen. Und wenn er erwachte, so ertappte er sich immer dabei, an seine Arbeitsstelle zu denken; als könne er sich geradewegs auf den Weg dorthin machen, um sich hinter seinem Schreibtisch im gesicherten Nichts zu verlieren.
  Seine Wege auf der Insel waren noch nicht groß, so als wollte er sich dadurch, dass er höchstens einen Raum von etwa zweihundert Quadratmetern benützte, nicht eingestehen, dass es um ihn weit und breit keine Menschenseele gäbe, was er hingegen deutlicher, als es ihm jemand hätte sagen können, instinktiv lange schon erfaßt hatte und wahrscheinlich lebte er deshalb wirklich in dieser Beschränkung. Ansonsten wäre ihm einzig geblieben, zu schreien wie ein allein gelassenes Kind.
  Doch darin, darin war er wie gelähmt.

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