TEUTONIKA – Leben in Deutschland

Die Insel

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Gerade ging die Sonne über dem Meer auf, da erwachte Konrad. Die Frau schlief noch. Als wäre sie tot, wirkte es. Und doch bewegte sich ihr Körper, freilich ganz wenig nur, so wie sie atmete: ohne Anstrengung, genügend um zu leben, wie Konrad dachte, und er entfernte sich zufrieden.
  Ziellos lief er am Strand umher. Aber plötzlich sah er im feuchten Sand die Spur eines Tieres, wahrscheinlich die einer Krabbe. Und obwohl es keinerlei Ähnlichkeit mit Schriftzeichen gab, kam Konrad beim Anblick der langen Spur die Idee: Wenn er mit der Frau schon nicht sprechen könne, so dürfe er ihr doch etwas schreiben. Und hastig lief er ins Dickicht, brach sich einen Zweig von einem Baum, entfernte das Laub und rannte wieder zum Ufer hinunter. Die Frau schlief immer noch.
  Wie war er gespannt und glücklich.
  Liebe Lena, dann stockte Konrad und mußte überlegen, schrieb jedoch bald weiter: Guten Morgen, wie geht es Dir heute? Ich hoffe gut. Wenn Du bloß nicht so kompliziert wärst.
  Den letzten Satz wischte er allerdings gleich wieder fort und schrieb statt diesem: Es ist schön, mit Dir hier zu sein, aber wir sollten weitergehen. Es gibt bestimmt noch viel Herrliches zu sehen. Wie zum Beispiel schon den Wasserfall. Ich freue mich unendlich darauf.
  Als Konrad aufsah, war er von der Frau schon weit entfernt. Er hatte die Buchstaben so groß gezeichnet, dass er sich dabei erheblich von seinem Ausgangspunkt fortbewegt hatte. Den Anfang seiner Botschaft konnte er schon nicht mehr erkennen. Nur dass die Wörter fast riefen, in ihrer enormen Größe, das lag quasi über dem gesamten sonnigen Strand. Und was, was würde nun geschehen, dachte Konrad.
  Die Frau schlief immer noch. Konrad saß inzwischen wieder in ihrer Nähe. Und als sie endlich erwachte, die Augen öffnete, da war Konrad, als finge sein Leben nun erst an.

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