TEUTONIKA – Leben in Deutschland

Die Insel

15

Immer schneller wurde es, dass sie warmen Sand griff und ihn, trocken wie er war, durch die geschlossene Hand wieder hinausrieseln ließ und gleich darauf aber wieder neuen fasste. Bald wurde dieser Vorgang jedoch so schnell, dass er nicht mehr fortzuführen war. Konrad kam es vor, in der Frau war eine dermaßen übermächtige Kraft angewachsen, die für das Spiel mit dem Sand viel zu groß geworden war und die, als fordere sie einen Tribut, schließlich irgendwie ihre ganze Person erfasst hatte.
  Von einem Augenblick zum anderen verfiel sie dann auch in ein so heftiges Weinen, dass Konrad lange nur hilflos auf ihren bebenden Körper sehen konnte und sich wieder unendlich alleine fühlte. Allmählich aber nahmen der heftige Rhythmus des Bewegens und Atmens und die Stärke des Schluchzens ab. Und wie gut das Konrad tat, denn er spürte selbst die kleinste Nuance, und das mit einem Feingefühl, wie er es vorher noch nie an sich erlebt hatte. Und bald sah er dann auch wieder die Frau, nach deren Wiederkommen er sich so sehr gesehnt hatte.
  Ganz leise war sie schon. Aber die Intensität dieses Leiseseins, dachte Konrad, trägt noch alles in sich: konnte wieder umschlagen bis vielleicht sogar in die absolute Auflösung, dies spürte er voll von Angst. Und das Meer rauschte. Und Konrad war immer noch hilflos und saß mit großen Augen da.
  Nun aber drehte die Frau ihm ihr Gesicht zu. Und wie sah es aus: Es war voller Schluchzen und Sand, und Konrad mußte wohl ein unbeabsichtigtes Lächeln gezeigt haben, denn jäh, als hätte sie sich in einem Spiegel erkannt, begann sie zu lachen – ohne erst zu lächeln – und wurde schnell immer lauter, bis sie sich zuletzt ungestüm in Konrads Arme warf und winselnd und jauchzend in einem sagte, ich bin ja so froh, wieder hier zu sein.
  Konrad schwieg und streichelte die Frau. Er machte es so, wie er es zur Zeit ihrer Schwäche nach der Strandung so gerne getan hätte, es sich aber versagt hatte. Ganz leicht tat er es, immer die gleiche Bewegung wiederholend. Und sie wurde ruhig – atmete tief und gleichmäßig, schlief ein.

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