TEUTONIKA – Leben in Deutschland

Die Insel

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Herrliche Tage zogen sich hin. Und in Konrad festigte sich immer mehr die Beziehung zu seiner Aufgabe; und nicht nur, weil er sie ja ständig wahrnahm.
  Die Frau machte nun schon ihre ersten Gehversuche, die im tiefen Sand aber besonders schwierig waren. Und noch gab Konrad ihr leichte Hilfestellung. Doch einmal fiel ihm dabei auf, wie sie dies in Anspruch zu nehmen nicht ohne ein kaum spürbares inneres Widerstreben tat. Das allerdings traf Konrad gleich so tief, dass er die Frau zu berühren sich ab dann nur noch mit größtem Zögern wagte. Und er reduzierte sogar allen Umgang mit ihr auf ein Maß, durch welches sich kein Mensch hätte bedrängt fühlen können, und wäre er auch noch so sehr an Abstand interessiert gewesen.
  In dieser Zeit sagte die Frau zu Konrad – als spüre sie sein verlegenes Zögern, -, dass sie ihm zwar unendlich dankbar für seine Pflege sei, sie es aber vorziehen würde, sich erst einmal von ihm zurückzuziehen. Sie müßte sich selbst finden, um die neuen, schwierigen Bedingungen besser zu verarbeiten. Sie könnte ihn ja hin und wieder besuchen, und im übrigen wären sie ja ohnehin nur durch einen Zufall zueinander geraten, womit sie aber niemals behaupten wolle, dass sie etwas gegen ihn hätte.
  Konrad verstand, und er versuchte auch gar nicht erst ein Gespinst von Gegenargumenten zu bemühen. Doch taten ihm ihre Worte auch so weh, dass er oft noch, nachdem die Frau dann tatsächlich gegangen war, seinen Kopf immer nur hin und her schüttelte. So, als würde dies für ihn schon irgendetwas verändern können: Ihr Lager sehen zu müssen, wie es am Strand verlassen dalag und plötzlich seinen vortrefflichen Sinn verloren hatte, obwohl sie doch beide ganz alleine waren…
  Nach zwei Tagen, als habe er nun wirklich erst begriffen, dass sie fort war, beseitigte er alles, was an ihren Ruheplatz hätte erinnern können. Der Strand sah danach wieder ringsumher wie auch jener einige Meter weiter aus, und das sie an einem tatsächlichen Ort um ihr Leben gerungen hatte, war nicht einmal mehr zu ahnen.
  Bei allem, was Konrad tat, wusste er aber, vielleicht lebt die Frau ja lediglich einige hundert Meter weiter. Und vor allem: es ging ihr ja wieder gut; sie lebte. Und was war an ihrem Wunsch eigentlich so bedrückend, das fragte er sich immer wieder, wahrscheinlich hätte er an ihrer Stelle auch so verhalten. Sie war ja eine Frau.
  Manchmal lag Konrad stundenlang im Sand und dachte nach, aufs Meer schauend, eigentlich aber ohne irgendetwas zu erwarten.

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