TEUTONIKA – Leben in Deutschland

Reisetagebuch eines Künstlers

Guten Tach ihr Lieben,

einst war ich ja, bevor ich Leiter des Katzenfreizeitheims wurde, einer von denen. Also denen, die für Geld andere Leute zum Lachen bringen. Heutzutage nennt man das Comedian. Bei uns hieß das noch Komiker.

“Wer seine Brüder zum Lachen bringt, der verdient das Himmelreich,” sagt schon der Koran. Ich fand sie ja schon immer klasse die Koreaner.

Damals wie heute hat der “Normalbürger” ein sehr klares Bild von einem Künstler.

17.00 Uhr aufstehen, erst mal ein Glas Sekt, dann einen Joint, dann auf die Bühne und danach in die Disco…

Und ich meine gut…, da haben sie sicherlich auch recht…, wenn sie von Roberto Blanko reden. aber in Wirklichkeit sieht das Leben eines Bühnenkünstlers schon recht anders aus.

Deshalb, aus längst vergangenen Zeiten, mal aus unserem Reisetagebuch ein typischer Tag aus dem Alltag.

Samstags, 8.30 Uhr.

Unterwegs nach Kleinmumpendorf, irgendwo tief im Westen der Republik.

Kurzauftritt beim 50. Geburtstag, des ehrenamtlichen Hausmeisters, der freiwilligen Feuerwehr, im Familienrestaurant “Zum blutigen Eber”, gegenüber der Kirche auf dem Dorfplatz.

Hildegard fährt, denn mir hatte ja letztens so ein Haufen Verrückter, in grünen Faschingskostümen, mitten auf der Straße meinen Führerschein geklaut. Auf der Stadtautobahn aus Berlin heraus zu kommen, kann an gewissen Tagen, zu gewissen Zeiten, zu einer Mission für sich werden. Darum sind wir auch heilfroh als wir den Berliner Ring erreichen und Gas geben können.

Was sich nach 500 Metern leider wieder erledigt hatte, denn vor einer Baustelle fahren wir direkt in eine der schlimmsten Massenneurosen deutscher Autofahrer.

Das Reißverschlussystem.

Schon lange vor dem Hindernis bricht im Wagen vor uns Panik aus. Und mit den Blicken verstörter Rehe, im Kugelhagel eines Maschinengewehrs, suchen fünf Köpfe verzweifelt nach der Lücke auf der rechten Seite.

Völlig unerwartet, und aufgrund der fehlenden Lücke auch völlig unerwartet, bremst der Fahrer mit quietschenden Reifen, zieht nach rechts, dreht sich zweimal um sich selbst und kommt dann quer auf der rechten Spur zum stehen.

Leider schaffen das die hinter ihm Fahrenden nicht so schnell und so donnern 10 Autos in das quer stehende. Und war der Blick der Insassen vorher noch suchend und verstört, so konnte man ihn jetzt durchaus als friedlich bezeichnen.

Nach zwei Stunden können wir endlich weiterfahren. Da uns aber beiden anscheinend, von den Krankenwagen Sirenen, das Trommelfell geplatzt war, bekamen wir das nicht gleich mit. Glücklicherweise machte uns der Herr im Wagen hinter uns darauf aufmerksam.

Mann im Wagen hinter uns:

“Ey haste jetzt nich lange jenuch jestanden du Heini ?!…., nu fahr doch mal weiter…, hast du noch alle Zwerge im Garten oder wat…, bist du 80% Schwerbescheuert. Führerschein beim Rentnerbingo gewonnen…, oder kommst du aus´n Ostteil oder wat?!”

Wir mussten uns jetzt aber auch beeilen, also Vollgas. War ja nicht unser Auto.

Nach weiteren fünf Stunden und einigen, nicht nennenswerten, Staus unter 10 Kilometer meint Hildegard ich solle doch jetzt mal auf die Karte schauen, wo das nun wirklich ist.

Aber…, als erfahrender Reiseprofi fährt man immer erst mal der Nase nach! Wo auch immer die hinzeigt…

Catman:

“Scheiße…, gibt´s gar nicht das Kaff auf der Karte. Aber der hatte doch am Telefon gesagt,… Ausfahrt dingens hier…, na…, Großmumpemdorf, oder was weiß ich…, wo ist denn der Zettel Hildegard?! Uns sowas macht hier einen auf Fahrer, wieder auf gar nix vorbereitet, mann,mann, mann.”

Also nehmen wir die nächst beste Ausfahrt und da die Tankstelle geschlossen hat, fragen wir einen Einheimischen:

Catman:

T`schuldigung, nach Kleenmumpendorf?”

Einheimischer:

“…Sagst du Frage noch mal!”

Catman:

“Kleinmumpendorf, wissen Sie wo wir da lang müssen?”

Einheimischer:

“Kein Problem Alter, fährst du geradeaus, dann links, wieder links, dann durch Wald bis du kommst auf Strasse. An Bahnschranke links, dann zweimal rechts und kommst du an Schild wo draufsteht…, nee… . Entschuldigung ich übe gerade für die Comedy Aufführung in der Schule. Kleinmumpendorf weiß ich leider nicht.”

Doch wie es der Zufall so will finden wir kurze Zeit später Neu-Kleinmumpendorf und von da aus sind es dann nur noch 38 Kilometer, die allerdings sehr lang werden können, wenn man sie hinter einem Traktor verbringt.

Endlich am Familienrestaurant “Zum blutigen Eber” angekommen müssen wir feststellen, daß die Party bereits in vollem Gang ist. “Zeig doch mal die Möpse”, scheppert aus den Boxen und drei Striptease-Tänzerinnen machen sich über das, in der Mitte sitzende Geburtstagskind her. Ein inzwischen sehr verbreitetes Geschenk beim einfachen Landvolk. Schließlich finden wir den Mann der uns engagiert hat, der uns, leicht lallend und mit einem Auge immer auf die Entkleidungskünstlerinnen, begrüßt.

Mann der uns engagiert hat:

“Tach…, ach sie sind der Witzeerzähler? Ja…, wir haben sie schon vor zwei Stunden erwartet. Im Moment läuft gerade der Striptease…

Umziehen…? Ja, die Mädels haben sich einen Spiegel in die Besenkammer gestellt. Sagen sie einfach dem zwei Meter Typen davor, sie sind der Witzeerzähler, dann läuft das…

Anschluss für die Gitarre…?, ja da hinten steht die Stereoanlage von meinem Sohn…, müssen wir mal sehen…

Essen ist jetzt leider schon alle. Ach und parken können sie da draußen jetzt aber nicht….

Ja weiß ich nicht, ist schlecht hier mit Parkplätzen…

Ach und mit dem Hotelzimmer ist da jetzt doch ein bisschen was schief gelaufen und mit dem Geld…, da waren jetzt doch einige dagegen…, müssen wir mal sehen…

Aber jetzt bringen sie uns erst mal zum lachen…, das ist nämlich gar nicht so einfach…”

3 Antworten zu „Reisetagebuch eines Künstlers“

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