TEUTONIKA – Leben in Deutschland

Laura

V

1

Ich fühl mich klein. Doch ganz bei mir.
Nah hinterm Kopf, im weiten Land der Schulter, ruht
meine schwache Hand auf meiner Pantherin.
Nicht einige Minuten kann es mehr anders sein in
diesem Leben.
Erkenne ich.
Das Endliche ist Trost und Wesen.

2

Das erste Mal begleitet mich auch tiefe Demut.
Im mir. In ihr vielleicht. Im Sinn der Kreatur zu leben.
Als meine Hand den fremden Körper deutlich spürt.
Genau liegt sie dabei auf jener ungeheuren Linie, die
sich dahinbewegt vom Kopf bis in den Schwanz der
Pantherin.
Wie eine Welle. Auf stillem Meer.
Am frühen Tag. Noch vor dem Wind.

3

In Andacht duckt die Katze sich noch immer.
Es scheint, als wäre ihre Anmut, im Einklang mit
Begierde, auf einmal auch, im Sinneskampf, der Angst
verwandt.
Die sie begräbt in sich.
Doch kaum erträgt.
Und ihre kapitalen Augen sehen spröde in starke Zweige
um uns.
In denen müde eine Python pendelt.

4

So liegen wir auf unsrer Lichtung.
In einer ungeahnten Dauer, still.
Die Affen sind verschwunden.
Die Zeit ist durch das Fürchten aufgehoben.
Die Furcht durch klare Heiligkeit.

5

Der Kern der Lichtung ist die Quelle, durch die ich
denke, was ich niemals wusste.
Der Ausklang meines Seins ist jetzt von diesem Platz die
Grenze.
Wo hinter ihr die Vögel doch erst sitzen, die singen
können an das Licht.

6

Die Katze ist inzwischen mir entglitten.
Rückwärts, sehr langsam, zog sie den schlanken Körper
fort.
Sprang dann mit zahmer Kraft hinweg.
Zwei Sprünge nur.
Und ruht jetzt in der Sonne. An andrer Stelle.
Auf der Lichtung noch.

7

Ein Teil von mir ist damit meiner selbst entschwunden.
Und eine fremde Seele habe ich gewonnen.
Sie atmet außerhalb vergangener Einsamkeit.
Und setzte, wenn sie wollte, wohl das Vergehen außer Kraft:
Der Tod war nie mir je so nah entfernt und mild.

8

Das Lindernde, das ist die Hoffnung.
Da kein Gefühl von Ewigkeit, deshalb erleide ich die
Trennung:
Im Ungewissen steckt ja nur der Zauber.
Wie sind die Vögel doch dem Wahnsinn nah mit ihrem
Singen.

9

Und plötzlich, so als käme es aus Höllenluken, fühl ich
ein schneidend heißes Würgen.
Man schnürt von hinten mir den Hals zusammen.
Ein Strick? Vielleicht die Schlange?

10

Was ist mit Laura, meiner zweiten Seele.
Ich röchle abgehetzt und kann mich nicht bewegen.
Und matte Schwärze zieht von außen wie ziellos mir
und immer mehr und mehr durch alle Haut hinaus das
letzte, flache Flüstern.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert